Energieökologische Modellstadt Ostritz - St. Marienthal

Referenten: Ingo Walter, Ariane Grotz, Claudia Rose


Energieökologische Modellstadt Ostritz - St. Marienthal
3. Die verschiedenen Energietechnologien in der EMOS

3.1 Photovoltaik-Projekte


Im Rahmen des Gesamtvorhabens "Energieökologische Modellstadt Ostritz - St. Marienthal" soll als ein Baustein die Sonnenenergienutzung zur Stromversorgung am Beispiel des kommunalen Neubaus des Feuerwehrgerätehauses beispielhaft demonstriert und mit einem Datenerfassungsprogramm und einer Visualisierungseinheit zur Darstellung einzelner Anlagenschaubilder ausgestattet werden.
Die realisierte Photovoltaikanlage zur Stromerzeugung besteht als netzgekoppelte Anlage aus 24 Einzelmodulen, Modell BP 275 (monokristalline Siliziumzellen), mit einer Fläche von 15 m2 und einer Spitzenleistung pro Einzelmodul von 77 Watt. Die Gesamtnennleistung beträgt somit 1,8kWpeak. Über ein Netzeinspeisegerät (DC/AC-Wandler) wird der solare Gleichstrom in Netzstrom umgewandelt und über eine elektrische Hausverteilung entweder hausintern genutzt (Bedieneinheit Technikraum, Umwälzpumpe Warmwasser, Zirkulationspumpe, Hausverbraucher) oder bei einem Überangebot an Solarstrom in das öffentliche Netz zurückgespeist und über einen Zähler erfasst und abgerechnet. Auch bei der Photovoltaikanlage werden bestimmte Daten, wie die Außentemperatur, die Modultemperatur, die Solarstrahlung, die Spannung am Wechselrichter, der Energieertrag auf der Gleichstrom- und Wechselstromseite sowie der Wirkungsgrad über einen PC-Monitor dargestellt.

Das Projekt, das neben dem PV-Projekt auch die modellhafte Einbindung einer thermischen Solaranlage und einer Anlage zur Nutzung von Dachablaufwasser beinhalten wurde 1994 begonnen und im Oktober 1998 abgeschlossen. Die förderfähigen Projektkosten beliefen sich auf 56.000 €.

Ein weiteres, 2003 realisiertes Projekt ist die Photovoltaik-Demonstrationsanlage der Katholischen Pfarrei "Mariä Himmelfahrt". Die Photovoltaikanlage befindet sich auf dem 19° geneigten Sonnenshed des Hauses. Die installierte Leistung beträgt 1,95 kWpeak. Dabei handelt es sich um eine Aufdach-Netzeinspeiseanlage mit einer mittleren Abweichung von der Südrichtung von 22°. Insgesamt wurden 13 in Gruppen angeordnete Solarmodule GPV SM 150/12V/A in Reihe verschaltet. Ein Wechselrichter der Firma SMA Sunny Boy SWR 2000 mit einer AC-Leistung 2000W kam zum Einsatz.
Ziel ist die kindgerechte Demonstration und Visualisierung als Schautafel mit Online-Anzeigen aussagefähiger, für Kinder verständlicher Parameter. Dafür wurde eine extra modifizierte Anzeigetafel angefertigt. Das Thema "Erneuerbare Energien" wurde in Seminaren und Gemeindeveranstaltungen am Beispiel des neuen Kinderhauses aufgenommen. Im Rahmen der Erstellung einer Dokumentation des Kinderhauses soll die an diesem Beispiel erfolgte Umsetzung ökologischer Gesichtspunkte beim Bau von Kindereinrichtungen dargestellt werden. Zur Verbreitung des Wissens um die Möglichkeiten dieser Form der regenerativen Stromerzeugung sollen neben der kath. Gemeinde und der Elternschaft das Tourismusbüro der Stadt Ostritz - St. Marienthal, das Internationale Begegnungszentrum St. Marienthal sowie die Grundschule in Dzialoszynie, Polnische Republik, gewonnen worden.
Eine dritte, über den Status eines Demonstrationsprojektes hinausgehende Photovoltaik-Anlage hat die Abtei der Zisterzienserinnen des Klosterstifts St. Marienthal auf dem Pater-Kolbe-Hof realisiert. Der Hof ist seit 1978 Wohnheim und Werkstatt für behinderte Menschen. Im Jahr 2004 wurde dort die Scheune umfangreichen Sanierungsmaßnahmen unterzogen. Auf deren Dach wurde im Rahmen des energieökologischen Gesamtkonzeptes eine 220m² große Photovoltaik-Anlage installiert. Produkthersteller, Planer und Handwerker aus der Region sollten für dieses Projekt an der Wertschöpfungskette teilhaben.

So wurden insgesamt 128 polykristalline Glas-Folie-Module des Dresdner Modulherstellers Solarwatt Solar-Systeme GmbH für die 31,75kWpeak große Anlage eingebaut. Die Firma Solarwatt wurde 1993 von 2 Ingenieuren gegründet und beschäftigt heute mehr als 400 Mitarbeiter. Sie verfügt über besondere Expertise bei der Fertigung von Glas-Glas-Modulen und bei Sonderlösungen, wie gekrümmte Module für spezielle architektonische Anforderungen.

Besonders harmonisch wirkt die Anlage auf dem Pater-Kolbe-Hof durch die Dachintegration der Module.
Das 45°-geneigte Dach weicht um 27° von der optimalen Südausrichtung ab. Fünf Wechselrichter des Typs NT 6000 wandeln den Gleichstrom in netzkonformen Wechselstrom um.

Im Jahr 2005 wurden so 24.170kWh in das öffentliche Netz eingespeist. Das entspricht ungefähr dem Strom bedarf von sechs 4-Personen-Haushalten.

Die auf dem Feuerwehrgerätehaus installierte Anlage wurde noch vor In-Kraft-Treten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes in Betrieb genommen. Zunächst wurde die Anlage in das Hausnetz eingebunden und schließlich nur der nicht selbst verbrauchte Strom in das Netz des Betreibers des örtlichen Versorgungsnetzes eingespeist. Durch das EEG wurde es fortan ermöglicht, sämtliche generierte elektrische Energie für 99 Pfennige/kWh verkaufen. Da dieser Erlös durch das Gesetz für einen Zeitraum von 20 Jahren garantiert ist, wurde nun auch ein wirtschaftlicher Betrieb dieser kleinen Anlage möglich.


Energieökologische Modellstadt
Ostritz - St. Marienthal

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Zusammenfassung
1.2 Allgemeine Charakteristik
1.3 Geschichte der Stadt
1.4 Der Beginn
1.5 Förderungen
2. Das EEG
3. Die verschiedenen Energietechnologien
3.1 Photovoltaik-Projekte
3.2 Nutzung der Windkraft
3.3 Wasserkraft-Projekte
3.4 Biomasse-Projekt
3.4.1 Kraft-Wärme-Kopplung
Blockheizkraftwerk
3.4.2 Das BHKW der EMOS
3.4.3 Pflanzenkläranlage
4. Ökologische Wohnsiedlung
5. Weitere Komponenten der EMOS
5.1 Kloster St. Marienthal
5.2 Garten der Bibelpflanzen
5.3 Internationales Begegnungszentrum
5.4 Ökologischer Waldbau
5.5 Ökologische Modellschule "Schkola"
5.6 Lehrpfade
6. Fazit
7. Quellenverzeichnis
8. Literatur und Quellen


Pater-Kolbe-Hof
Abb. 15
Pater-Kolbe-Hof
(Quelle:
www.pater-kolbe-hof.de/index.html)


Sanierung Scheune 2004
Abb. 16
Sanierung Scheune 2004
(Quelle: www.ostritz.de)


Feuerwehrgerätehaus in Ostritz
Abb. 17
Feuerwehrgerätehaus in Ostritz
(Quelle:
www.pater-kolbe-hof.de/index.html)

3.2 Nutzung der Windkraft

Das Bundesland Sachsen ist eines der windreichsten Binnenländer Deutschlands. Insgesamt wurden hier bereits 220 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 112 MWel installiert. Sie decken rund 1% des Strombedarfs im Freistaat - äquivalent können 90.000 Haushalte damit komplett mit Strom versorgt werden.
Ostritz ist in Bezug auf die Nutzung der Windkraft ein günstiger Binnenstandort, da es hier beständige Südwinde gibt. Ostritz bietet in der hügeligen Vorgebirgslandschaft einen guten Standort für die Nutzung der Windenergie. Besonders der mit hoher Gleichmäßigkeit wehende "böhmische" Wind sorgt für eine konstante Auslastung der Windenergie-Konverter.
(Quelle: Energieökologische Modellstadt Ostritz - St. Marienthal (o.J.), Informationsbroschüre der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück)

Zunächst wird Bauen im Außenbereich grundsätzlich restriktiv behandelt und ist nur zulässig, wenn öffentliche Belange dem Bau nicht entgegenstehen. Die ausreichende Erschließung muss gesichert sein und es hat den Spezifikationen von §35 Baugesetzbuch (BGB) zu genügen. Dazu wurde in den Paragrafen bereits 1997 durch den Gesetzgeber in Absatz 1 der Punkt 7 zur Privilegierung von Windenergieanlagen für das Bauen im Außenbereich aufgenommen.
(Quelle: Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Sept. 2004 (BGBl. I S. 2414))

Für die erfolgreiche Realisierung eines Windenergie-Projektes sind regelmäßig folgende Verfahren zu durchlaufen:

1.

Technische Überprüfung
1.1 Bauordnungsrechtliches Verfahren
  • Typenprüfung
  • Nachbarschutz / Baulasten / Lärm / Schatten

1.2 Bauplanungsrechtliches Verfahren
  • Privilegierung
  • öffentliche Belange (Flora, Fauna, Landschaftsbild)
  • Einvernehmen der Gemeinde

2. Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz (BIschG)


Die Dauer der Verfahren kann sich, abhängig vom politischen Willen der Gemeinde, auf ein bis zu sieben Jahren belaufen.

Im nördlich von Ostritz gelegenen Ortsteil Leuba wurde 1996 am Hofeberg ein Vorranggebiet im Flächennutzungsplan ausgewiesen. Unliebsame Nebeneffekte für die Anwohner, wie Geräusch- oder Schattenschlag-Immissionen werden durch großen Abstand zur nächsten Wohnbebauung vermieden.
In Ostritz ermöglichte die wohlwollende Haltung der Gemeinde, die recht zügige Umsetzung eines Windpark-Projektes in nur zwei Jahren. Im Jahre 1997 sollten vier Windkraftanlagen (WKA) von einer Privatperson gebaut werden.
Seit Dezember 1997 sind im Ortsteil Leuba zwei Anlagen (Enercon E-40: Nabenhöhe: 55 m, Rotordurchmesser: 40 m) mit je 500 kW sowie seit August 1998 zwei Anlagen (Enercon E-66: Nabenhöhe: 68 m, Rotordurchmesser: 66 m) mit je 1,5 MW in Betrieb. Der mit einer Gesamtnennleistung von 4 MW erzeugte Strom wird in das öffentliche Netz der des Energieversorgungsunternehmens Energieversorgung Sachsen Ost AG eingespeist. Mit dieser Strommenge könnten ca. 2.000 Vier-Personen-Haushalte versorgt werden.

Durch diese Form der Stromerzeugung können Emissionen von 52 t SO2 (Schwefeldioxid), 20 t NOX (Stickoxide) sowie 8130 t CO2 (Kohlendioxid) und 1,5 t Staub eingespart werden.

Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten wurden die Anlagen an einen großen Windkraftanlagenbetreiber verkauft. Derzeit sind fünf weitere WKA mit Nennleistungen von ca. 2 MW (wahrscheinlich Enercon E-70) geplant.

Die Windkraftanlagen gehören nicht unmittelbar zum Gesamtkonzept der Modellstadt. Eine "Zusammenarbeit" findet nur insoweit statt, als dass die Anlagen zur Präsentation besichtigt und begangen werden können.

Das finanzielle Engagement in Windkraftanlagen ist in der Regel nur Großinvestoren möglich. Hier hat der Betreiber insgesamt 4,5 Millionen Euro dafür aufgewandt. Auch kommt es eher selten vor, dass Kommunen und Einwohner für ein Projekt so aufgeschlossen sind, wie in Ostritz. Um die öffentliche Akzeptanz der Windenergienutzung zu erhöhen, sollten sich Bürger aus der Gegend an unserem Projekt beteiligen können. Die Menschen können sich dann mit dem Projekt identifizieren und bei jeder Umdrehung der Anlage wird nicht nur umweltfreundlicher Strom produziert, sondern es fließt auch Geld ins eigene Portemonnaie. Diese Option steht aber vielen Menschen nur offen, wenn sie möglichst kleine Anteile von etwa 2000 € erwerben können. Dass auch solche Modelle erfolgreich umgesetzt werden können, zeigen andere Projekte in Deutschland.
(Quelle: BürgerWind Welzheim GmbH & Co. KG, www.buergerwind-welzheim.de/index.html)

Die Vergütung für Strom aus Windenergieanlagen wird im Erneuerbare-Energien-Gesetz in § 10 geregelt: Die Grundvergütung für im Jahr 2004 in Betrieb gegangene Anlagen beträgt 5,5 ct/kWh. Erzielt die Anlage in den ersten 5 Betriebsjahren 150% des Ertrages einer Referenzanlage nach Maßgabe der Bestimmungen des EEG, so erhöht sich für diesen Zeitraum die Vergütung für die Anlage um weitere 3,2Ct/kWh.
(Quelle: Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich vom 21. Juli 2004)


Nutzung der Windenergie in Ostritz
Abb. 18
Nutzung der Windenergie in Ostritz
Quelle: www.ostritz.de

Windkraftanlagen im Ortsteil Leuba
Abb. 19
Windkraftanlagen im Ortsteil Leuba
Quelle: www.ostritz.de

Windpark vor den Kühltürmen
Abb. 20
Windpark vor den Kühltürmen des ehemaligen Kohlekraftwerks Hagenwerder
Quelle: Energieökologische Modellstadt Ostritz - St. Marienthal (o.J.), Informationsbroschüre der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück

Einweihung des Windparks
Abb. 21
Einweihung des Windparks durch Bürgermeister Valentin
Quelle: Energieökologische Modellstadt Ostritz - St. Marienthal (o.J.), Informationsbroschüre der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück

3.3 Wasserkraft-Projekte

Am Anfang hatte die Stromerzeugung in kleinen Wasser-kraftanlagen die größte Bedeutung für die allgemeine Elektrizitätsversorgung in Deutschland. Erst durch den technischen Fortschritt wurden während des letzten Jahrhunderts immer mehr Wasserkraftanlagen an den großen Flüssen ausgebaut, um kostengünstig elektrische Energie zu erzeugen, während kleinere Anlagen in den 1960er Jahren stillgelegt wurden.
Heute besinnt man sich wieder auf die zahlreichen kleinen Wasserkraftanlagen und versucht diese zu reaktivieren.
18 Wasserkraftanlagen waren im Bereich der Oberlausitzer Neiße waren im 1914 mit einer Leistung von insgesamt 3200kW in Betrieb. Entlang der Gemarkung Ostritz - St. Marienthal wurden dafür in der Neiße vier Staustufen ausgebildet. Diese sollen für die Energieerzeugung wieder sukzessive reaktiviert werden.

Bis 1967 wurde im Kloster St. Marienthal die Wasserenergie zur Erzeugung von elektrischem Strom genutzt. Noch bis 1990 wurde daneben ein kleines Sägewerk durch Wasserkraft betrieben. Zwei weitere Anlagen in kommunalem Eigentum lieferten noch bis 1965 elektrische Energie. Heute wird im Ostritzer Ortsteil Leuba Strom durch zwei Kleinwasserkraftanlagen mit einer installierten Nennleistung von jeweils 40kW generiert.

Im Jahr 1998 wurde das ehemalige Sägewerk des Klosters wieder reaktiviert und wird jetzt als Schausägeanlage betrieben.
Zur Stromerzeugung dient seit Mai 2000 wieder ein Laufwasserkraftwerk mit senkrecht eingebauter Kaplan-Turbine. Das Wehr stellt einen ausreichenden Wasserabfluss sicher.

Der mit der Turbinenleistung von 118,7kW erzeugte Strom deckt sowohl den Bedarf des Klosters, als auch des Internationalen Begegnungszentrums (IBZ). [16] Der darüber hinaus "überschüssige" Strom wird in das Netz des regionalen Versorgungsnetzbetreibers eingespeist und gemäß den Bestimmungen des EEG vergütet.

Die Vergütung für Strom aus Wasserkraftanlagen wird im Erneuerbare-Energien-Gesetz in § 6 für das Inbetriebnahmejahr 2004 geregelt: Für Strom aus Anlagen bis 500kW beträgt die Vergütung 9,67Ct/kWh, für Anlagen bis 5MW beträgt die Vergütung für den über 500kW hinausgehenden Leistungsanteil 6,65Ct/kWh. Strom aus Wasserkraftanlagen ab 5MW bis einschließlich 150MW wird nur vergütet, wenn es sich dabei um die Erneuerung einer Altanlage gehandelt hat, wenn die Erneuerung zu einer Erhöhung des Arbeitsvermögens um mindestens 15% geführt hat und wenn nach der Erneuerung ein nachweislich guter oder verbesserter ökologischer Zustand erreicht ist.

Für Wasserkraftanlagen wurde eine Degression der Vergütungen von 1% festgelegt.

Grundsätzlich besteht bei der Nutzung der regenerativen Energie des Wassers ein Zielkonflikt zwischen der Vermeidung von Kohlendioxid-Emissionen durch Nutzung der Wasserkraft und dem Eingriff in funktionierende Biotope. Neue Projekte müssen hohen Anforderungen des Naturschutzes genügen und müssen sowohl einer Flora-Fauna-Habitat-Prüfung (FFH), respektive einer Umwelt-verträglichkeitsprüfung unterzogen werden.

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz eröffnet daher Besitzern alter Wasserrechte neue Chancen: die durch die Altrechte privilegierten Anlagen können einfacher reaktiviert und durch die Vergütungsregelung dauerhaft wirtschaftlich betrieben werden.


Windkraftanlagen im Ortsteil Leuba
Abb. 22
Windkraftanlagen im Ortsteil Leuba
Quelle: www.ostritz.de

Schausägewerk
Abb. 23
Schausägewerk
Quelle: www.pater-kolbe-hof.de/index.html


Alte Staustufe der Oberlausitzer Neiße
Abb. 24
Alte Staustufe der Oberlausitzer Neiße
Quelle: Energieökologische Modellstadt Ostritz - St. Marienthal
Datei des Internationalen Begegnungszentrums St. Marienthal,
Juni 06
www.ibz-marienthal.de/

3.4 Biomasse-Projekt

3.4.1 Kraft-Wärme-Kopplung/ Blockheizkraftwerk

Allgemein
Sensibilisiert durch die von Wissenschaftlern prognostizierten drohenden Versorgungsengpässe und im Kontext der Umweltbewegung, stehen nachhaltige Energiekonzepte zunehmend im Zentrum der heutigen Forschung und Energiepolitik. Mit der Perspektive auf zur Neige gehende Mineralölreserven (Skript Solartechnik 2006, S.30) wächst allgemein das Interesse an erneuerbaren Energiequellen.

Hierbei stellt Biomasse vor allem in ländlich geprägten Regionen eine attraktive Form der Energiegewinnung dar. Biomasse ist ein Sammelbegriff für alle Arten organischer Substrate aus denen durch Verbrennung oder Vergärung Energie gewonnen werden kann und welche gesundheitlich und umwelttechnisch bedenkenlos verarbeitet werden können. Welche Stoffe als förderfähige Energieträger in Frage kommen, regelt die Biomasseverordnung vom 21. Juli 2001 (BiomasseV/2001). Es muss jedoch beachtet werden, dass die Nutzung von Biomasse nur dann regenerativ und damit klimaneutral ist, solange nur so viel Biomasse genutzt wird, wie auch wieder nachwachsen kann. (Quaschning 2006, S. 41)

Energieökologische Modellstadt
Ostritz - St. Marienthal

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Zusammenfassung
1.2 Allgemeine Charakteristik
1.3 Geschichte der Stadt
1.4 Der Beginn
1.5 Förderungen
2. Das EEG
3. Die verschiedenen Energietechnologien
3.1 Photovoltaik-Projekte
3.2 Nutzung der Windkraft
3.3 Wasserkraft-Projekte
3.4 Biomasse-Projekt
3.4.1 Kraft-Wärme-Kopplung
Blockheizkraftwerk
3.4.2 Das BHKW der EMOS
3.4.3 Pflanzenkläranlage
4. Ökologische Wohnsiedlung
5. Weitere Komponenten der EMOS
5.1 Kloster St. Marienthal
5.2 Garten der Bibelpflanzen
5.3 Internationales Begegnungszentrum
5.4 Ökologischer Waldbau
5.5 Ökologische Modellschule "Schkola"
5.6 Lehrpfade
6. Fazit
7. Quellenverzeichnis
8. Literatur und Quellen

Erneuerbare Energien und deren Energiewandlung
Abb. 25
Erneuerbare Energien und deren Energiewandlung
(Quelle: K.-M. 2005, S. 13)

Im Rahmen des Projektes "Energieökologische Modellstadt", das weiter unten vorgestellt wird, entschied man sich zum Bau eines Blockheizkraftwerkes (BHKW). Ziel war es, die Stadt Ostritz " ... ausschließlich mit Strom und Wärme aus erneuerbaren Energiequellen zu versorgen." (DBU/ Ostritz, S. 8) Einer Technologie der Kraft- Wärmekopplung (KWK) Da Wärme, anders als Strom, über möglichst kurze Strecken transportiert werden muss, eignen sich BHKWs nur zur dezentralen Versorgungstechnik. Heute werden ca. 10% der gesamten Stromerzeugung durch KWK produziert. (BINE 2006; S. 6)

Die Entwicklung effizienter Verstromungskonzepte der KWK-Anlagen steckt noch in den Kinderschuhen (FNR Akt. 2000, S. 95) und ist demnach noch verhältnismäßig teuer (BINE 2006; S. 11). Aus wirtschaftlichen und umweltpolitischen Gründen ist es jedoch mittlerweile allgemeiner Konsens, dass der Anteil erneuerbarer Energiequellen global maximiert werden muss. Neben dem ökonomischen Interesse, eine Alternative zu steigenden Ölpreisen zur Hand zu haben, steigt der politische Druck, die Auswirkungen, die in der Atmosphäre durch die Verbrennung fossiler Energieträger entstehen, zu bremsen. Man spricht in diesem Kontext vom anthropogen verursachten Treibhauseffekt, der auf Brandrodung, Landwirtschaft, Energieverbrauch und Industrie zurück zuführen ist (Quaschning 2006, S. 25) und der eine umfassende weltweite Klimaerwärmung mit sich bringt. Dies äußert sich in unterschiedlichen Regionen der Erde mit Extremen wie Dürreperioden, Überschwemmungen oder Hurrikanen. Im so genannten Kyoto-Protokoll haben sich die Mitgliedstaaten der EU im Jahr 1997 darauf verständigt, dem Treibhausgaseffekt entgegenzuwirken. In erster Linie geht es um die Reduktion der Kohlenstoffdioxid-Emissionen (CO2), die mit 61% am Treibhauseffekt beteiligt sind (Quaschning 2006, S. 25). Hierbei spielen Erneuerbare Energien eine wichtige Rolle:

Bis um Jahr 2010 sollen 12% des Bruttoinland-Energieverbrauchs durch erneuerbare Energien abgedeckt sowie die Anteile an so genanntem Ökostrom auf 22% und der von Biokraftstoffen auf 5,75% steigen. (K.-M. 2005; 15) Um diese Ziele zu erreichen, wurden bis heute einige grundlegende Förderinstrumente entwickelt, auf die ich im folgenden Kapitel näher eingehen werde.


Politischer Ausblick und Förderung

Seit den 90er Jahren wurden Gesetze und Verordnungen zur Förderung regenerativen Energien (Windkraft, Sonnenenergie, Wasserkraft, Geothermie und eben auch Biomasse) initiiert, die die Rentabilität dieser Technologien gewährleisten sollen. Pioniere auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien kritisieren dabei, dass staatliche Zuwendungen sowohl bei den unmittelbaren Subventionen als auch bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung, konventionelle Energietechnologien (Kernkraft, Kohle und andere fossile Energieträger) den Technologien der Erneuerbare Energien und rationellen Energieverwendungen vorgezogen werden. (Quaschning 2006, S. 326)

Die Konsequenzen sind u. a., dass Innovationen in diesen Bereichen nur langsam zu marktfähiger Reife gelangen, viele Anlagen privat finanziert werden müssen (und insolvenzanfällig sind) und der Anschluss an die Leitungssysteme der zentralen Netzbetreiber erschwert wird. Umso erfreulicher ist die stetige Zunahme erneuerbarer Energien.

Entwicklung Erneuerbarer Energien in Deutschland
Abb. 26
Entwicklung Erneuerbarer Energien in Deutschland
(Quelle: BMU 2006, S. 4)

Abbildung 26 beginnt im Jahr 1990, in dem das Stromeinspeisegesetz entstanden ist, das 1991 in Kraft trat und die Stromversorgungsunternehmen "erstmals zu verbindlichen erhöhten Entgelten für ins Netz eingespeisten, regenerativ erzeugten Strom verpflichtet".
(Schwister 2003, S. 459)

Mit der Gründung der Europäischen Union (EU) im Jahr 1992 und im Zuge ihrer wettbewerbsfördernden Politik erfolgte jedoch auch auf den Strommärkten eine Liberalisierung, die die Strompreise sinken ließ und dazu führte, dass regenerative Anlagen keine positive wirtschaftliche Bilanz vorweisen konnten. (BINE 2006, S. 11) Hier kommen umweltpolitische Aspekte ins Spiel: Gemäß einer EU-Richtlinie soll Deutschland, als Mitglied der EU, im Zeitraum von 2008 bis 2012 die CO2- Emissionen um 21% gegenüber 1990 reduzieren. Dank dieser Auflage der europäischen Umweltpolitik sowie der grundsätzlichen Offenheit der ersten rot-grünen Bundesregierung gegenüber der Thematik, wurden die Hemmnisse im Bereich der Erneuerbaren Energien (zu Beginn der Legislaturperiode) offensiv angegangen.

Heute ist " ... Deutschland im internationalen Klimaschutz in den vergangenen Jahren stetig zurückgerudert." (Quaschning 2006, S. 46) Einige der verabschiedeten Gesetze und Vorschriften wirkten zu Beginn kontraproduktiv und mussten teilweise grundlegend überarbeitet werden. Für den Bereich der KWK-Anlagen, die sich aus Biomasse speisen, wurden folgende Regelungen verabschiedet, die von Bedeutung sind
(Vgl. BINE 2006, S. 14 ff). An dieser Stelle werden ausschließlich die entsprechenden Gesetze vorgestellt):


Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)
Das EnWG trat 1998 in Kraft und hatte zum Ziel, die Gebietsmonopole der Verbundunternehmen aufzuheben und dem Stromabnehmer die freie Wahl zwischen mehreren Stromanbietern zu ermöglichen, was zu einem massiven Rückgang der Strompreise führte. Da KWK-Anlagen ihre vergleichsweise hohen Investitionskosten jedoch über ihren Stromverkauf ausgleichen müssen, gingen viele Anlagenbetreiber in dieser Zeit insolvent.

Ökosteuer (Strom- und Mineralölsteuer)
"Das im April 1999 in Kraft getretene 'Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform' (sog. 'Ökosteuergesetz') und das 'Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform' vom Dezember 1999 sehen für BHKW bei Einhaltung bestimmter Bedingungen Vergünstigungen bei der Mineralölsteuer und der Stromsteuer vor, wodurch sich die Wirtschaftlichkeit dieser BHKW erheblich verbessert" (BINE 2006, S. 16).

Treibhausgas-Emissionshandels-Gesetz (TEGH)
Das TEGH ist seit dem 1. Januar 2005 in Kraft getreten und stellt eines der wichtigsten Instrumente bei der weltweiten Reduktion der CO2-Emissionen dar. "Die Idee des Emissionshandels: Wer umweltfreundlich produziert, kann Emissionsrechte verkaufen, wer stärker verschmutzt, muss zukaufen." (BINE 2006, S. 22) KWK-Anlagen zwischen 4 und 10 Megawatt elektrischer Leistung (MWel) kommen in den grenzwertigen Bereich sowie die motorbetriebenen BHKW ab 8 MW.

Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
Durch das "Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien" wird gewährleistet, dass Strom aus regenerativen Energien losgelöst vom Strompreis zu fixen Konditionen vergütet wird. (Schwister 2003, S. 460) Mehrkosten, die durch den verhältnismäßig teuren Anlagenbau entstehen, auf alle Stromkunden umgelegt. Diese betragen zurzeit Bruchteile eines Eurocents pro Kilowattstunde. (Quaschning 2006, S. 327) Das EEG wurde am 1. August 2004 verabschiedet und sieht für Anlagen die mit Biogas oder Biomasse betrieben werden oder innovative Technologien nutzen, Zusatzzahlungen vor. (Siehe Abb. 3; BINE 2006, S. 20)

Energieökologische Modellstadt
Ostritz - St. Marienthal

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Zusammenfassung
1.2 Allgemeine Charakteristik
1.3 Geschichte der Stadt
1.4 Der Beginn
1.5 Förderungen
2. Das EEG
3. Die verschiedenen Energietechnologien
3.1 Photovoltaik-Projekte
3.2 Nutzung der Windkraft
3.3 Wasserkraft-Projekte
3.4 Biomasse-Projekt
3.4.1 Kraft-Wärme-Kopplung
Blockheizkraftwerk
3.4.2 Das BHKW der EMOS
3.4.3 Pflanzenkläranlage
4. Ökologische Wohnsiedlung
5. Weitere Komponenten der EMOS
5.1 Kloster St. Marienthal
5.2 Garten der Bibelpflanzen
5.3 Internationales Begegnungszentrum
5.4 Ökologischer Waldbau
5.5 Ökologische Modellschule "Schkola"
5.6 Lehrpfade
6. Fazit
7. Quellenverzeichnis
8. Literatur und Quellen
Technische Aspekte der BHKW
BHKW stellen als "kompakte Energieerzeugungsanlagen" (BINE 2006, S. 33). eine Optimierung der KWK-Prozesse dar, deren Ziel es ist, durch unmittelbare Leitsysteme "en bloc" Wärmebedarf und Wärmeauskoppelung abzustimmen. Weitere technische Vorteile sind die Leistungsanpassung während des Anlagenbetriebes sowie die flexible Wahl der Leistungsdimension.

Anlagenkomponenten
Bei der folgenden schematischen Darstellung der wichtigsten Komponenten eines motorbetriebenen BHKW unterscheidet man BHKW-Aggregat, BHKW-Modul und die Gesamtanlage, das BHKW.
BHKW bis zu 1 MWel werden niederspannungsseitig an das 400 V Netz angeschlossen. Die Modulüberwachung läuft vollautomatisch. "zahlreiche am Modul installierte elektrische Messfühler/ Sensoren (z.B. für Temperaturen, Drücke, Füllstände, Strom, Spannung) erfassen die verschiedenen Betriebszustände und leiten diese an Speichermodule weiter."
(BINE 2006, S. 61)

Definition und Abgrenzung der BHKW-Komponenten in Anlehnung an DIN 6280-14
Abb. 27
Definition und Abgrenzung der BHKW-Komponenten in Anlehnung an DIN 6280-14
(Quelle: BINE 2006, S.53)


Forschungsstand
Bei der energetischen Nutzung von Biomasse wird ausschließlich im Bereich der Verbrennung von Holz (z.B. von Hackschnitzeln oder Pellets) auf althergebrachte und erprobte Verfahren zurückgegriffen. Die Verwertung der anderen Biomassefraktionen stellt noch immer ein weites Versuchsfeld dar.

Eine Technologie auf der vielfach aufgebaut wird, ist die Verwertung im Dampfprozess, einem klassischen Verfahren, bei dem über Dampfturbinen und Dampfmotoren kinetische Energie erzeugt wird. Verfahren wie das Organic Rankine Cycle (ORC-Anlagen) ähneln dem Wasser-Dampf-Prozess, nutzen jedoch anstelle von Wasser ein organisches Arbeitsmedium, das bessere Verdampfungseigenschaften bei tiefen Temperaturen und Drücken besitzt (FNR/ Akt. 2000, S. 134) Die ORC-Anlagen sind soweit erprobt, dass sie marktfähig sind. Andere Technologien werden noch in Pilot- und Demonstrationsvorhaben untersucht (BINE 2006, S. 144 ff.), der Forschungsschwerpunkt liegt hier bei Versuchen mit Stirlingmotoren (Heißgasmotoren) und Brennstoffzellen (elektrochemischen Oxidationen).

Der Anstoß zur Stromproduktion aus biomassebetriebenen BHKW lässt sich auf das EEG zurückführen. In der Praxis können jedoch aus 100% Brennstoffenergie nur 40% Strom gewonnen werden, der Rest ist Abwärme. (BINE 2006, S. 31) Da es ökonomisch sinnvoll ist, die in diesem Prozess entstehende Abwärme zu nutzen, laufen Versuche, die KWK-Prozesse zu optimieren.

Bei den meisten BHKW handelt es sich um kleine und mittlere Anlagen, die mit einem Dampfmotor mit einer Leistung bis 140 kWel betrieben werden können. Großanlagen, die an eine Dampfturbine gekoppelt sind, rechnen sich erst ab einer Anlagengröße oberhalb 2 MWel. Solche Anlagen werden jedoch aus Gründen der Ressourcenbeschaffung eher die Ausnahme bleiben. (FNR/ Akt. 2000, S.131)
"Sowohl Gasturbinen als auch -motoren sind im Bereich kleiner und mittlerer Leistung (Motoren: etwa 0,05 bis 10 MWel, Gasturbinen : etwa 5 bis 50 MWel und darüber) wirtschaftlicher als Dampfkraftprozesse, benötigen jedoch einen flüssigen oder gasförmigen Brennstoff [ ... ], die Biomasse-Vergasung mit anschließender Nutzung des Schwachgases in derartigen Kraftmaschinen [befindet sich] zur Zeit noch in der Entwicklung."
(FNR/ Akt. 2000, S.132)
Systematik der Umwandlungsschritte und Prozesse zur Erzeugung von Wärme und Strom aus fester Biomasse
Abb. 28
Systematik der Umwandlungsschritte und Prozesse zur Erzeugung von Wärme und Strom aus fester Biomasse nach /Fichtner 2000/, / Energytech 2002
(Quelle: FNR/ Akt. 2000, S.94)

Wichtige Merkmale von KWK-Systemen
Abb. 29
Wichtige Merkmale von KWK-Systemen (Quelle: BINE 2006, S.33)


Bewertungszahlen
Bei KWK-Anlagen gibt es drei relevante energetische Kenngrößen (Vgl. BINE 2006, S. 41 ff.):

>

>

>

Stromerzeugung -S-

Wärmeerzeugung -Q-

Brennstoffverbrauch -B-

1.
Die Stromkennzahl (SK) gibt das Verhältnis zwischen Strom- zu Wärmeerzeugung an (SK = S/Q). Sie ist ein Maß

2.
für die - im Vergleich zur Wärmeausbeute, wirtschaftlich interessantere- Stromausbeute. Rentablere Diesel-BHKW haben einen SK um 1, während bei Dampfkraftprozessen Maximalwerte von nur 0,4 erzielt werden.

3.
Der Nutzungsgrad n ges = (S+Q)/B vergleicht die Leistungswerte einer Anlage untereinander. Diese werden in der Regel über einen längeren Zeitraum erfasst.


Wartung
Beim Betrieb eines BHKW ist eine hohe Zahl an Volllastnutzungsstunden anzustreben (entspricht etwa 3 500 bis 7 000 h/a), damit die Anlage wartungsarm und umweltfreundlich laufen kann. Das bedeutet, dass sie für den berechneten Grundlastwert konzipiert sein muss. Bei Wärmeleistungen ab 100 Kilowatt (kW) muss für Spitzenlasten ein separater Kessel eingeplant werden. Die Fachagentur Nachwachsender Rohstoffe empfiehlt hierfür fossile Brennstofflager, um auch bei einem kompletten Anlagenausfall die Wärmenachfrage bedienen zu können. (FNR/ Akt. 2000, S. 96)

Genereller Aufbau der Verfahrensketten zur Bereitstellung biogener FestbrennstoffeAbb. 30
Genereller Aufbau der Verfahrensketten zur Bereitstellung biogener Festbrennstoffe/IER 1998
(Quelle: FNR/ Akt. 2000, S. 52)


Regionale Voraussetzungen
Biogene Festbrennstoffe enthalten weniger verwertbare Energie als fossile Brennstoffe. Ihr massebezogener Heizwert ist um den Faktor 2 bis 3 geringer. Der volumenbezogene Heizwert, der bei Transport- und Lagerungskalkulationen beachtet werden muss, liegt um das 10fache höher als bei fossilen Brennstoffen (FNR/ Akt. 2000, S. 92) Das bedeutet, dass im Belieferungsgebiet ausreichend Brennstoffe zur Verfügung stehen müssen. Prädestiniert dafür sind flächenreiche Regionen mit land- oder forstwirtschaftlich genutzten Schlägen. In urbanen Gebieten bieten sich industrielle und städtische Nebenprodukte (Restholz, Abfälle, Grünanlagenschnitt) zur energetischen Nutzung an.

Ist das Einzugsgebiet eines BHKW allerdings zu groß dimensioniert und wird die Biomasse die zur Anlagenbefütterung benötigt wird, in LKW über große Strecken transportiert, läuft die Anlage weder ökonomisch noch ökologisch rentabel.
Weiter muss bei der Standortbewertung berücksichtigt werden, dass die im BHKW erzeugte Wärme, in Form von Heißwasser, nicht unbegrenzt in einem Fernwärmenetz transportiert werden kann. Die Leitungsdimensionen überbrücken in der Regel nicht mehr als 10 km-Distanzen (BINE 2006, S. 31) Das bedeutet, dass die Abnahmestationen größerer Anlagen nur innerhalb eines begrenzten Radius zum BHKW stehen können.

Damit sich kleine BHKW mit einer Leistung bis 140 kWel, die Einzelobjekte beliefern rentieren, sollte man berücksichtigen, dass es sich dabei um Gebäude handelt die einen ganzjährigen, hohen Wärmebedarf haben. Dann ist gewährleistet, dass die Anlage ökonomisch unter Volllast betrieben werden kann.
Solche Objekte sind zum Beispiel Hallenbäder, Krankenhäuser oder Altenheime.


Energieökologische Modellstadt
Ostritz - St. Marienthal

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Zusammenfassung
1.2 Allgemeine Charakteristik
1.3 Geschichte der Stadt
1.4 Der Beginn
1.5 Förderungen
2. Das EEG
3. Die verschiedenen Energietechnologien
3.1 Photovoltaik-Projekte
3.2 Nutzung der Windkraft
3.3 Wasserkraft-Projekte
3.4 Biomasse-Projekt
3.4.1 Kraft-Wärme-Kopplung
Blockheizkraftwerk
3.4.2 Das BHKW der EMOS
3.4.3 Pflanzenkläranlage
4. Ökologische Wohnsiedlung
5. Weitere Komponenten der EMOS
5.1 Kloster St. Marienthal
5.2 Garten der Bibelpflanzen
5.3 Internationales Begegnungszentrum
5.4 Ökologischer Waldbau
5.5 Ökologische Modellschule "Schkola"
5.6 Lehrpfade
6. Fazit
7. Quellenverzeichnis
8. Literatur und Quellen


3.4.2 Das BHKW der EMOS

Einen weiteren erneuerbaren Energieträger hat sich die Stadt Ostritz seit 1996 erschlossen: nach nur zwei Jahren Bauzeit wurde im Frühjahr 1998 ein Biomasse-Heizkraftwerk für Holz und Pflanzenöl in Betrieb genommen. Das Heizkraftwerk stellt über ein Fernwärmenetz 10MW an thermischer Energie zur Verfügung, außerdem wird eine elektrische Nennleistung von 650kW an das Stromnetz abgegeben.

Mit dem Kraftwerk können nun in der Gemeinde sämtliche kommunalen, gewerblichen und privaten Gebäude der Stadt über das gesamte Jahr mit Niedertemperaturwärme und Warmwasser versorgt werden.
Die Energiezentrale wurde auf dem Gelände der nach der Wende stillgelegten Textilfabrik errichtet. Das Objekt befindet sich mitten in einem Wohngebiet, womit die Kosten für die thermische Erschließung der angrenzenden Wohnbebauung möglichst niedrig gehalten werden konnten. Das Kraftwerk erhielt eine für den Standort angemessene, sehr ansprechende Architektur.

Biomasse besitzt ein oft unterschätztes Potenzial. Dabei sind es geraden die Pflanzen, in denen Sonnenenergie "gespeichert" wird und durch deren energetische Nutzung diese auch und gerade in sonnenlosen oder -armen Zeiten regenerative Energie sicher zur Verfügung gestellt werden kann.

Die Versorgung mit Brennstoff erfolgt mit Holz und Pflanzenöl aus der Region. Einen Teil des Heizkraftwerkes bildet die Energiekonversionsanlage, darauf folgt der Verbindungsteil mit der Leitzentrale an den sich die Lagerhalle für Holzhackschnitzel anschließt. Um einen bestmöglichen Betrieb unter energetischen, wie auch wirtschaftlichen Aspekten zu ermöglichen wurden für das Kraftwerk vier Teilaggregate so ausgelegt, dass die Wärmeführung optimal den jahreszeitlich schwankenden Anforderungen von Raumwärme bzw. Warmwasser angepasst werden kann.

Ein Pflanzenöl-Blockheizkraftwerk (BHKW), zwei Holzkesselanlagen und ein Ölkessel zur Abdeckung des Spitzenenergiebedarfs sichern die Fernwärmeversorgung. Der Dieselmotor der Pflanzenöl-BHKW wird mit kaltgepresstem Rapsöl angetrieben. Der an den Motor gekoppelte Generator erzeugt elektrische Energie und aus dem Abgas und dem Kühlwasser wird mittel Wärmeübertragern thermische Energie zur Einspeisung in das Fernwärmenetz gewonnen.

Durchforstungsholz, Säge-, Hobel- und Frässpäne sowie Rinde werden in Großraumfahrzeugen bereits als Hackschnitzel angeliefert. Ein Radlader hebt diese dann auf das Förderband welches das Brenngut in einen Mehrtagesbunker transportiert.
Schließlich gelangen die Hackschnitzel automatisiert in den Feuerraum der Holzkessel, um unter definierten Bedingungen rückstandsarm zu verbrennen.
Mit der Heizperiode 1997/1998 wurden die ersten Gebäude an das etwa 14km lange Fernwärmenetz angeschlossen. Jedes angeschlossene Gebäude ist über ein Datenkabel mit dem Zentralrechner der Energiezentrale verbunden, um dem Betreiber eine bestmögliche Kundenbetreuung zu ermöglichen. Störungen im Netz oder an Übergabestationen werden rasch erkannt und behoben.
(Quelle: Energieökologische Modellstadt Ostritz - St. Marienthal (o.J.), Informationsbroschüre der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, Osnabrück)

Bei der Umsetzung von Bioenergievorhaben sind ebenfalls zahlreiche Verordnungen, respektive Genehmigungsverfahren einzuhalten:
(Quelle: www.fnr.de)
  • Genehmigung nach Bundesimmissionsschutzgesetz BImSchG
  • Verordnungen zum BImSchG 1., 4. 9. BImSchV
  • Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft - TA Luft
  • Landesbauordnungen - Baugenehmigung für Feuerungs- und Heizungsanlage
  • Erlaubnis nach der Dampfkesselverordnung
  • Genehmigung nach Energiewirtschaftsgesetz EnWG für KWK-Anlagen
Die Vergütung für Strom aus Biomasse wird im Erneuerbare-Energien-Gesetz in § 8 für das Inbetriebnahmejahr 2004 geregelt:
Für den elektrischen Leistungsanteil bis 150kW werden 11,5Ct/kWh vergütet. Von 150kW bis 500kW erhält der Betreiber 9,9Ct/kWh, darüber hinaus 8,9Ct/kWh bis einschließlich 5MW und für Anlagen mit noch größerer elektrischer Leistung 8,4Ct/kWh.

Wird der Strom durch Kraft-Wärme-Kopplung, wie im BHKW in Ostritz, generiert, so erhält der Betreiber weitere Zuschläge von 6,0Ct/kWh bis 500kW, 4,0Ct/kWh von 500kW bis 5MW, wenn es sich um nachwachsende Rohstoffe entsprechend der Auslegung des EEG handelt.
(Quelle: Wikipedia am 22. Juni 2006,
http://de.wikipedia.org/wiki/Erneuerbare-Energien-Gesetz)

Außerdem erhält der Betreiber einen weiteren Zuschlag nach §8(4) EEG für mit Biomasse betriebene Motorenanlagen - analog zum Gesetz über die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK-Gesetz) - von 2,0Ct/kWh.
Die Degression für die Einspeisevergütung wurde mit 1,5% festgelegt.

Die Konversion von Biomasse in elektrische Energie kann sich also, insbesondere unter Nutzung der effizienten KWK-Technologie, als renditestarkes Geschäftsmodell erweisen.


Biomasse-Heizkraftwerk der Stadt Ostritz
Abb. 31
Biomasse-Heizkraftwerk der Stadt Ostritz
Quelle: www.ostritz.de


Anlagendaten

Eingeweiht wurde das BHKW am 25. Mai 1998 bis heute sind 270 Hausübergabestationen angeschlossen (PPP-Ostritz, Folie 39). Seine Nennleistung umfasst 10 MWth und 650 kWel. Die Wärmeleistung reicht aus, um alle kommunalen, gewerblichen und privaten Gebäude der Stadt mit Fernwärme zu versorgen. (DBU/ Ostritz, S. 12) Das Fernwärmenetz reicht bis zu 14 km. Eine Daten-Bus-Leitung meldet Störungen im Netz an die BHKW-Leitzentrale.

 
Biomasseheizkraftwerk Ostritz
Abb. 32
Biomasseheizkraftwerk Ostritz
(Quelle: PPP-Ostritz; Folie 41)


Festbrennstoffhalle

Die Festbrennstoffe werden aus Holzabfällen aus den umliegenden Wäldern und von einem örtlichen Sägewerk gewonnen und werden in LKW angeliefert. Es handelt sich dabei um Durchforstungsholz, Sägespäne, Frässpäne, Hobelspäne und Rinde, die bereits zu Hackschnitzeln verarbeitet wurden. Die Anlage enthält zwei Holkessel mit einer Wärmeleistung von 2.000 kWth. Die Beschickung der Verbrennungsöfen erfolgt vollautomatisch über ein hydraulisches Förderbandsystem und über mehrere Zwischenschritte dosiert. Im Feuerraum des Holzkessels wird das Brenngut auf einem Rost unter kontrollierten Bedingungen verbrannt. (DBU/ Ostritz, S. 14) Der Brennstoffbedarf liegt unter Volllast (7.000 h/a) bei 8.000 t bzw. 25.000 Schüttraummeter (Srm³) Holz. (PPP-Ostritz, Folie 42).
Die Wärmeübertragung erfolgt mittels Plattenwärmetauscher. Zum Zeitpunkt der Einspeisung hat das Wasser eine wärmenetzseitigen Vorlauftemperaturen zwischen 75°C und 95 °C. Die Lagerhalle fasst 1.500 m³ Holzhackschnitzel.


Holzhackschnitzelhalle
Abb. 33
Holzhackschnitzelhalle
Quelle: www.ostritz.de
Flüssigbrennstoffhalle

Die Anlage enthält ein mit Pflanzenöl betriebenes BHKW. Bei Volllast (7.000 h/a) werden 1.3 Mio. Liter kalt gepresstes Rapsöl benötigt. (PPP-Ostritz, Folie 42) Der Raps stammt von einer Ölmühle in 50 km Entfernung, die von Bauern aus der Region beliefert wird. Es gibt kein weiterführendes Anbaukonzept und keine Vertragsbauern. (Salditt 13.7.2006) Das Rapsöl wird in Tanks gelagert, deren Fassungsvolumen 45.000 Liter betragen.
Zur Deckung von Spitzenlasten und zur Absicherung bei einem Anlagenausfall existiert ein Ölkessel, der sowohl mit Pflanzen- als auch mit Heizöl befeuert werden kann. Das Heizöllager fasst 15.000 Liter. Zur Stromerzeugung dient ein Dieselmotor.

Der zwangsläufige Anschluss an das Wärmenetz oder eine pflichtmäßige finanzielle Beteiligung der Bürger an den genannten Energieformen ist in dem Konzept der Modellstadt nicht vorgesehen. Die Preise für den Anschluss und die Nutzung der alternativen Energiequellen wurden allerdings konkurrenzfähig und attraktiv gestaltet. Derzeit sind ca. zwei Drittel des Ortes an das Wärmenetz des Biomassekraftwerks angeschlossen.


Fazit/ Diskussion

Für kleine Orte mit ländlicher Prägung ist die Energiedeckung über nachwachsende Rohstoffe ideal. Da jedoch bereits für einen Ort wie Ostritz mit knapp 3.500 EinwohnerInnen, die Ressourcen in 50 km Umgebung geerntet werden müssen, ist es fraglich, inwiefern das Modellprojekt auf andere Städte übertragbar ist. Beim energetischen Autarkiegedanken liegt die Lösung in der Kombination der vielfältigen regenerativen Technologien zur Energiegewinnung. In diesem Energiepuzzle wird die Biomasse oft als das Teilstück bezeichnet, das die wirklich wirkungsvollen Energien aus Sonne, Wind und Wasser bei atmosphärisch bedingten Ausfällen (wie Flaute, Nacht, Winter, Trockenheit), ersetzen kann.
Unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass bei einem erhöhten Bedarf an nachwachsenden Rohstoffen nur wenige Sorten als rentables Biomasseprodukt verarbeitet werden können. Das kann Monokulturen fördern, die das Ökosystem anfällig für Krankheiten machen und die natürliche Artenvielfalt hemmen.

Und noch einen weiteren Aspekt in puncto Nachhaltigkeit und Biomasse gilt es zu beachten: "Energieträger aus Biomasse werden häufig als CO2-neutral charakterisiert. In Anbetracht der energetischen Aufwände für Anbau, Düngung, Ernte und Umwandlung ist dies jedoch nicht korrekt." (Schwister 2003, S. 483)

Alle diese Punkte zeigen, dass der Einsatz von regenerativen Energien keine Patentlösung ist und die Industrienationen noch lange Schwierigkeiten haben werden, ihre ressourcenzehrende Kultur auf eine Weise zu gestalten, ohne die Lebensgrundlage kommender Generationen zu beeinträchtigten.


Energieökologische Modellstadt
Ostritz - St. Marienthal

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Zusammenfassung
1.2 Allgemeine Charakteristik
1.3 Geschichte der Stadt
1.4 Der Beginn
1.5 Förderungen
2. Das EEG
3. Die verschiedenen Energietechnologien
3.1 Photovoltaik-Projekte
3.2 Nutzung der Windkraft
3.3 Wasserkraft-Projekte
3.4 Biomasse-Projekt
3.4.1 Kraft-Wärme-Kopplung
Blockheizkraftwerk
3.4.2 Das BHKW der EMOS
3.4.3 Pflanzenkläranlage
4. Ökologische Wohnsiedlung
5. Weitere Komponenten der EMOS
5.1 Kloster St. Marienthal
5.2 Garten der Bibelpflanzen
5.3 Internationales Begegnungszentrum
5.4 Ökologischer Waldbau
5.5 Ökologische Modellschule "Schkola"
5.6 Lehrpfade
6. Fazit
7. Quellenverzeichnis
8. Literatur und Quellen


3.4.3 Pflanzenkläranlage

Allgemein

Vorschriften und Gesetze zum Gewässerschutz
Die Gewässerschutzstrategie baut in Deutschland auf drei Pfeilern auf
(Günthert/ Reicherter u.a. 2001, S. 2 ff.):
  • dem Vorsorgeprinzip
  • dem Verursacherprinzip
  • dem Grundsatz der Nachhaltigkeit.

Durch Vorsorge sollen die Gewässer vor Verschmutzungen geschützt werden. Um dies zu gewährleisten wurden die folgenden gesetzlichen Festsetzungen verabschiedet: § 1a des Wasserhaushaltsgesetz (WHG), dem Minimierungsgebot gemäß § 7a WHG (Anforderungen an das Einleiten von Abwasser) und den Besorgnissatz des § 34 WHG (Reinhaltung des Grundwassers).

Das Verursacherprinzip zieht die Verursacher von Schmutzwasser finanziell zur Verantwortung, indem die Kosten für die Vermeidung, Verringerung und Kontrolle der Gewässer auf die Verbraucher umgelegt werden. Zudem benötigt man bei der Benutzung von Gewässern grundsätzlich eine Genehmigung (§§ 2 und 7a WHG). Bei Einleitung von Abwasser wird je nach Menge und Schädlichkeit der zu entsorgenden Stoffe eine Abwasserabgabe erhoben (geregelt im Abwasserabgabengesetz -AbwAG). Weitere wasserrechtliche Haftungsvorschriften stehen im § 22 WHG.

Das Prinzip der Nachhaltigkeit wird im Wasserrecht in den §§ 1a, 6 und 19 WHG vertreten. "Im Wasserrecht ist dieser Schutz durch die Generalklausel 'Wohl der Allgemeinheit' enthalten [ ... ] und ist dahingehend zu verstehen, dass sie zukunftsorientiert und langfristig durchhaltbar angelegt ist." (Günthert/ Reicherter u.a. 2001, S. 3)


Abwasserteichanlagensysteme

Bei Pflanzenkläranlagen ist eine Reinigung des Wassers auf wechselwirksame und sich überlagernde Effekte zurückzuführen. Wobei die physikalisch-chemischen Reinigungsprozesse des Bodengefüges einer Pflanzenkläranlage um die mikrobiellen Mineralisationsprozesse einer Helophytengemeinschaft (Sumpflanzen) ergänzt werden. Seit 1998 werden die Bemessung, der Bau und Betrieb von Pflanzenkläranlagen in der Allgemeinen Technischen Verordnung A262 beschrieben. Die "Selbstreinigung" in natürlichen Gewässern und Feuchtbiotopen wird schon lange von den Menschen zur Abwasserreinigung genutzt. (Wissing/ Hofmann 2002, S. 108) Heute unterscheidet man drei prinzipielle Arten von technischen Feuchtgebieten:

1. "Anlagen, bei denen dem bewachsenen Bodenkörper die entscheidende Bedeutung für die Reinigungswirkung zukommt: Bodensysteme.

2. Anlagen, bei denen dem bewachsenen Bodenkörper eine geringe Bedeutung für den Reinigungserfolg zufällt. Die Pflanzen selbst und angesiedelten Bakterien bewirken die Reinigung: Hydrobotanische Systeme.

3. Anlagen ohne eigentlichen Bodenkörper, intensiv bewachsene Abwasserteiche und ähnliche Systeme: Aquakultursysteme" (Wissing/ Hofmann 2002, S. 124)

Durchflussmöglichkeiten von Abwasser in Pflanzenbeeten
Abb. 34
Durchflussmöglichkeiten von Abwasser in Pflanzenbeeten
(Quelle: Wissing/ Hofmann 2002, S. 126)

Bei Anlagen mit Pflanzenbeeten, zu denen die Pflanzenkläranlage in Ostritz gehört, gibt es unterschiedliche Formen der Leitung des Abwassers im Pflanzenbecken. Bei horizontal geführten Anlagen erfolgt die Beschickung an der einen Beetseite und wird an der anderen mit einem Dränrohr gesammelt und in das Gewässer eingeleitet. Bei vertikal nach unten geführten Anlagen wird eine Überströmung des Bodenkörpers mittels mehrerer perforierter Dränrohre erreicht, die über dem Beet installiert sind. Bei vertikal noch oben geführten Anlagen befinden sich regelmäßig perforierten Dränrohre im Schotterbett des Beetes, und die Ableitung a oberen Beckenrand. Durch die damit erzielte Stauung entstehen anoxische Verhältnisse im Pflanzenbecken, die bei ausreichendem Kohlenstoffangebot zu einer mikrobiellen Denitrifikation (Oxidation von Ammoniak) führen. (Günthert/ Reicherter u.a. 2001, S. 17)

Welche Durchflussmöglichkeit gewählt wird, hängt von Zusammensetzung des Abwassers und der angestrebten Reinigungsleistung ab.
Am erfolgreichsten setzte sich das so genannte "Krefelder System" durch, das von Käthe Seidel, der Wegbereiterin der aquatischen Abwasserreinigung in Deutschland, entwickelt wurde. Anlagen diesen Typus, die in den späten 70er Jahren erbaut wurden, sind bis heute in Betrieb (Wissing/ Hofmann 2002, S. 113)
Das von Seidel entwickelte Klärverfahren benötigt ein in Stufen angelegtes Beckensystem in das Binsen, Sumpfiris und Röhricht gepflanzt werden. Zur Abdichtung der Becken zum Erdreich werden wurzelfeste Teichfolien verwendet.


Funktionsweisen von Pflanzenkläranlagen

Mit welcher Quantität an verschmutztem Abwasser der Boden eines technischen Feuchtgebietes pro Zeiteinheit belastet werden kann, wie also seine hydraulischen Eigenschaften sind, hängt von mehreren physikalischen Größen ab:

Die Korndurchmesser der Mineralien im Boden bedingen die Größe der Hohlräume und somit das Porenvolumen, welches durch den Kapillardruck zum Teil Wasser aufnehmen und weiterleiten kann. Die chemische Struktur der Minerale bedingt die physikalisch-chemische Reaktion des Bodens und dessen pH-Wert. Hieraus ergibt sich ein Bindevermögen für Schad- und Nährstoffe. Die Phosphatfestlegung (Phosphatbindung an freie Ladungsstellen im Boden) ist ein zentrales Anliegen bei der Abwasserreinigung. Ein hoher Eisengehalt fördert eine biochemisch mineralische Phosphat-Fixierung.
Bemessungs- und Belastungsparameter von Pflanzenkläranlagen

Abb. 35
Bemessungs- und Belastungsparameter von Pflanzenkläranlagen (nach Börner 1992)
(Quelle: Wissing/ Hofmann 2002, S. 130)

Kalk reguliert saure pH-Werte und optimiert auf diese Weise die Bedingungen zur Fällung von Phosphaten und Schwermetallen (Wissing/ Hofmann 2002, S. 133).
Darüber hinaus ist die biologische Belastung von Pflanzenkläranlagen entscheidend. Im Bodenkörper findet ein mikrobieller Abbau der organischen Belastung des Abwassers statt. Hierbei entsteht mikrobieller Überschussschlamm, der die Poren des Bodenfilters verstopfen kann (was nicht erwünscht ist). Dieser Vorgang wird Kolmation genannt, der gegenteilige Vorgang ist die mikrobielle Dekolmation -Schlammabbau- die mehr Zeit in Anspruch nimmt. Beide Prozesse finden dort statt, wo aerobe und anaerobe Milieus aufeinander treffen. Um die Verstopfung durch Kolmation zu verhindern, werden Pflanzenkläranlagen gezielt durch Drainagen belüftet. Dadurch kann der angefallene Schlamm aerob mineralisiert werden. Ferner kann die Arbeitsleistung durch Beschickungspausen oder Rückspülungen geregelt werden. Im Ein- und Abflussbereich übernehmen grobkörnige Substrate wie Schotter und Kies eine zusätzliche Filterfunktion damit die Rohre nicht verstopfen (Wissing/ Hofmann 2002, S. 133 ff.).

Des Weiteren müssen bei Bau und Betrieb von Pflanzenkläranlagen ökologische Parameter beachtet werden (Wissing/ Hofmann 2002, S. 140 ff.): Der Ort einer Pflanzenkläranlage muss hinsichtlich der Licht- und Wasserversorgung und auch vom Kleinklima her den Helophyten (Sumpfpflanzen) entsprechen. In der Wasserbilanz sollte neben Wasserzu- und Abfluss sowie der Niederschlagsmenge auch der Verdunstungsgrad berücksichtigt werden.


Energieökologische Modellstadt
Ostritz - St. Marienthal

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Zusammenfassung
1.2 Allgemeine Charakteristik
1.3 Geschichte der Stadt
1.4 Der Beginn
1.5 Förderungen
2. Das EEG
3. Die verschiedenen Energietechnologien
3.1 Photovoltaik-Projekte
3.2 Nutzung der Windkraft
3.3 Wasserkraft-Projekte
3.4 Biomasse-Projekt
3.4.1 Kraft-Wärme-Kopplung
Blockheizkraftwerk
3.4.2 Das BHKW der EMOS
3.4.3 Pflanzenkläranlage
4. Ökologische Wohnsiedlung
5. Weitere Komponenten der EMOS
5.1 Kloster St. Marienthal
5.2 Garten der Bibelpflanzen
5.3 Internationales Begegnungszentrum
5.4 Ökologischer Waldbau
5.5 Ökologische Modellschule "Schkola"
5.6 Lehrpfade
6. Fazit
7. Quellenverzeichnis
8. Literatur und Quellen
Die Pflanzenkläranlage der EMOS

Entwicklungsgeschichte
Eigentlich verfügt die Kernstadt seit 1994 über eine vollbiologisch arbeitende, konventionelle Kläranlage, an die das gesamte städtische private und öffentliche Kanalisationsnetz angeschlossen ist. Nur für den Ortsteil Bergfrieden wurde im Zuge Anschlussarbeiten nach einer kostenneutralen Lösung gesucht, da der Ort nicht nur auf felsigem Grund 80 m über dem Niveau der Stadt liegt, sondern auch 600m zum öffentlichen Kanalanschluss entfernt (DBU/ Ostritz, S. 22). Bei entsprechenden Verlegungsarbeiten hätte man in hartem Fels arbeiten müssen, was die Kosten ebenfalls in die Höhe getrieben hätte. Bei der Konzeption der Anlage arbeitete die Stadt mit der TU Dresden zusammen, die eine vertikal durchströmte Pflanzenkläranlage entwickelte, welche nach dem hydrobotanischem Prinzip arbeitet. Die Anlage ist seit April 1997 in Betrieb und arbeitet seitdem zur Zufriedenheit der Kommune und der Bürgerinnen und Bürger auch im Winter bei niedrigen Temperaturen störungsfrei (DBU/ Ostritz, S. 23).

Wichtige Anlagendaten
Bei der Dimensionierung der Anlage wurde von einem Abwasserzufluss von 3 bis 10 m³ pro Tag ausgegangen. Das Abwasser fließt zunächst in eine den Pflanzenbeeten vorgeschaltete Dreikammerabsetzgrube, damit kein Klärschlamm die Filterschichten verstopfen kann. Deren maximaler Wasserfüllstand beträgt 17,7 m³. Die abgelagerten Feststoffe werden periodisch entsorgt und gegebenenfalls in der Zentralkläranlage weiterbehandelt (DBU/ Ostritz, S. 22)

Die Ausbaugröße der Pflanzenkläranlage ist auf 70 Einwohner ausgerichtet. Daraus ergibt sich für die zwei parallel angelegten Pflanzenbeete (à 14 Meter Länge, auf 6 Meter Breite und 1,9 Meter Tiefe) ein Flächenbedarf von je 84 m² und je 130 m³ Volumen. Umgelegt auf die Einwohner ein Flächenbedarf von 2,4 m² pro EinwohnerIn bzw. 3,8 m³ pro EinwohnerIn (PPP-Ostritz, Folie 33).
Ursprünglich wurde für starke Abwassermengen ein Ausgleichsteich in die Pflanzenkläranlage integriert, der jedoch nicht frequentiert wird und insofern eine Fehlkalkulation darstellt
(Salditt 13.7.2006).

Fließschnitt der Pflanzenkläranlage
Abb. 36
Fließschnitt der Pflanzenkläranlage
(Quelle: PPP-Ostritz; Folie 31)

Der Aufbau des mehrschichtigen Bodenkörpers (dem Festbettfilter) in den Pflanzenbeeten setzt sich folgendermaßen zusammen (PPP-Ostritz; Folie 31):

Schicht kf-Wert
(m/s)
Material Milieu Schichtdicke
(cm)
1. 8,21 x 10-4 Sandiger Feinkies mit Mutterboden

aerob 30
2. 6,34 x 10-3 Sandiger Feinkies

aerob 40
3. 2,57 x 10-5 Schluffiger Fein-/ Mittelsand

anoxisch 60
4. 6,34 x 10-3 Sandiger Feinkies aerob 60

Tabelle 1: Aufbau eines Festbettfilters


Die Voraussetzung für eine reibungslos funktionierende Reinigungsleistung der Pflanzenkläranlage ist ein selbstständiger Intervallbetrieb. Dieser wird durch einen eigenständig arbeitenden Glockenheber in der Dreikammer-Absetzgrube gewährleistet. Mit einem anschwellenden Abwasserpegel in der Grube öffnet der Heber durch den Wasserdruck die Beschickungsleitung. Das Abwasser kann abfließen. Dadurch senkt sich der Wasserspiegel und mit ihm der Zulaufheber.

Vorteile von Pflanzenkläranlagen

Nachteile von Pflanzenkläranlagen
Naturnahe Gestaltung mit weitgehender Anpassung an das Gelände

Hoher, spezifischer Flächenbedarf und dadurch auf kleinere Aufbaugrößen beschränkt
Stabile Reinigungsleistung, auch für hohe Anforderungen erfüllbar

Nur schwerfällig steuer- und regelbarer Betrieb
Praktisch einziges Reinigungsverfahren für kleine Kläranlagen mit Mischsystem

Leistung durch jahreszeitliche und witterungsbedingte Veränderungen beeinflusst
Kein bzw. nur geringer maschineller Ausstattungsaufwand

Mögliche Geruchsemissionen bei schlechtem Wetter
Einfache, Kosten sparende Bau- und Betriebsweise

 
Geringe Anforderungen an betriebspersonal und Wartung

 
Tabelle 2:
Vor- und Nachteile einer Pflanzenkläranlage (Nach Günthert/ Reicherter u.a. 2001; S. 14)

Bei der Betrachtung der Vor- und Nachteile von Pflanzenkläranlagen überwiegen im Großen und Ganzen die Vorteile. Da sich Pflanzenkläranlagen nicht zur Reinigung von einseitigen, hochbelasteten Abwässern eignen (Günthert/ Reicherter u.a. 2001; S. 16), kommen sie bei häuslichem oder vergleichbaren Abwasser als Hauptreinigungsstufe sowie zur Nachreinigung bei technischen Kläranlagen oder unbelüfteten Abwasserteichen zum Einsatz. Neben ökologischen Aspekten sprechen vor allem der günstige Bau- und Betrieb für Pflanzenkläranlagen. Demgegenüber steht jedoch der große Flächenbedarf, der dazu führt, dass Pflanzenkläranlagen vorrangig in ländlich geprägten Regionen zum Einsatz kommen.


Energieökologische Modellstadt
Ostritz - St. Marienthal

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Zusammenfassung
1.2 Allgemeine Charakteristik
1.3 Geschichte der Stadt
1.4 Der Beginn
1.5 Förderungen
2. Das EEG
3. Die verschiedenen Energietechnologien
3.1 Photovoltaik-Projekte
3.2 Nutzung der Windkraft
3.3 Wasserkraft-Projekte
3.4 Biomasse-Projekt
3.4.1 Kraft-Wärme-Kopplung
Blockheizkraftwerk
3.4.2 Das BHKW der EMOS
3.4.3 Pflanzenkläranlage
4. Ökologische Wohnsiedlung
5. Weitere Komponenten der EMOS
5.1 Kloster St. Marienthal
5.2 Garten der Bibelpflanzen
5.3 Internationales Begegnungszentrum
5.4 Ökologischer Waldbau
5.5 Ökologische Modellschule "Schkola"
5.6 Lehrpfade
6. Fazit
7. Quellenverzeichnis
8. Literatur und Quellen