Grenzen des Wachstums Referenten: Anne Hartzsch, Anne SchäferInhaltsverzeichnis |
3. Dennis und Donella Meadows Dennis Meadows absolvierte ein Studium der Chemie. Am Massachusetts Institute of technology studierte er zusätzlich Management und wurde Leiter des Instituts für Politik und Sozialwissenschaft an der Universität in New Hampshire. Donella Meadows doktorierte 1968 in Harvard im Fach Biophysik und schloss sich dem Team an, das am M.I.T. für den Club of Rome das Computermodell "World3" entwickelte. Die Basis für "Grenzen des Wachstums". Sie war eine führende Stimme der Nachhaltigkeits-Bewegung und setzte sich für die Aufhebung von schädlichen Entwicklungen in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft ein. Die Wissenschaftlerin gehörte 1981 zu den Gründerinnen der Balaton-Gruppe, die sich noch auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs für einen kritischen Dialog zwischen Forschern beidseits des Eisernen Vorhangs einsetzte. In New Hampshire lehrte sie in den letzten 29 Jahren Umweltwissenschaften, Ethik und Journalismus. 1992 wurde Donella Meadows von der ETH Zürich zur ersten und bisher einzigen Ehrendoktorin ernannt. Sie führte zudem 27 Jahre lang einen organischen Bauernhof, ein Öko-Dorf und gründete ein "Sustainability Institute". Auch als Schriftstellerin machte sie sich einen Namen. Ihre Bücher "Groping in the dark", 1982; "The electronic oracle", 1985; spiegeln das bemerkenswerte Engagement der Wissenschaftlerin wider. Ihre wöchentliche Kolumne "The global citizen", die seit 1985 regelmäßig erschien, fand große Beachtung. Donella Meadows starb im Jahre 2001 noch vor dem Erscheinen der dritten Auflage der "Grenzen des Wachstums". rechts: Abb. 3 Quelle: http://sustainer.org/meadows/index.html http://www.ethlife.ethz.ch/articles/news/Meadowsgestorben.html http://www.uni-klu.ac.at/~gossimit/lv/02/s/smt/web/ameryoun/Wachstum/bio.html |
4. "Die Grenzen des Wachstums", 1972
So wie bisher kann es nicht weitergehen, lautete das diffuse Gefühl einer Generation, die mit dem Kalten Krieg, der Zerstörung der Natur und dem Versprechen auf ewigen Konsum aufgewachsen war. Nun lag 1972 mit den "Grenzen des Wachstums" erstmals eine Studie vor, die dieses Gefühl wissenschaftlich stützte. Die zentrale These lautete: weil die Rohstoffvorräte zur Neige gehen, muss die industrielle Produktion schrumpfen; weil Ackerland und Wasservorräte knapp werden, müssen die Menschen Hunger leiden. Wenn die Entwicklung so anhält, "werden die Wachstumsgrenzen im laufe der nächsten hundert Jahre erreicht". Meadows wählte zunächst die wichtigsten Trends aus, welche untersucht werden sollten: beschleunigte Industrialisierung, rapides Bevölkerungswachstum, weltweite Unterernährung, Ausbeutung der Rohstoffreserven und die Zerstörung des Lebensraums. Alle fünf Faktoren wachsen seit dem 20. Jh. exponentiell an. Zwischen diesen Faktoren herrschen so viele Wechselwirkungen, dass es nicht möglich ist diese allein mit dem menschlichen Verstand nachzuvollziehen. Hierzu fertigte das Forscherteam eine Systemanalyse mit dem computerbasierten Globalmodell "World3" an, das die hohe Vernetzung globaler Prozesse berücksichtigte und Simulationen zu unterschiedlichen Szenarien ermöglichte. Es wurden 99 miteinander verkettete Regelkreise zwischen den fünf Faktoren festgelegt. Das Weltmodell war kreiert. Es wurde mit unterschiedlich hoch angesetzten Rohstoffvorräten der Erde gerechnet, oder eine unterschiedliche Effizienz von landwirtschaftlicher Produktion, Geburtenkontrolle oder Umweltschutz angenommen. Nacht für Nacht fütterten sie den zentralen Computer mit Datenkolonnen über die bisherige Entwicklung der Welt. Dann rechneten sie die Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung, zu den Rohstoffreserven und zur Nahrungsmittel- und Industrieproduktion bis zum Jahr 2100 hoch. Der erste Computerdurchlauf für die Zeit zwischen 1900 und 2100 zeigte das erschreckende Ergebnis: aufgrund der zunehmenden Rohstoffausschöpfung "bricht die industrielle Basis zusammen und reißt auch den Dienstleistungssektor und das landwirtschaftliche System mit sich". Hier nur ein kurzes Beispiel der Zusammenhänge aller Entwicklungen: Mit der Industrieproduktion steigt der Lebensstandard, es steigt aber auch die Umweltverschmutzung und es werden Bodenschätze verbraucht, die nicht erneuerbar sind, und deren Förderung immer aufwendiger und teurer wird. Somit steigen die Rohstoffpreise, was wiederum zur Drosselung der Produktion führt. Andererseits kann man mit besserer Technologie effektiver produzieren, Rohstoffe recyceln und die Umweltbelastung senken. Die Lebenserwartung und die Gesundheit der menscheln nimmt mit besserem Lebensstandard zu, mit steigender Umweltbelastung aber schnell wieder ab. Das Simulationsergebnis der meisten Szenarien ergab ein weitergehendes, zunächst unauffälliges Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum bis zu einer plötzlichen Umkehr der Tendenz um das Jahr 2030. "Wir besitzen genügend Beweise für die Intelligenz, Erfindungsgabe und Anpassungsfähigkeit des Menschen" sagt Dennis Meadows und erklärt weiter, dass nur sofortige durchgreifende Maßnahmen von Umweltschutz und Geburtenkontrolle dieses Systemverhalten hin zum "best case" (Weltbevölkerung bei ca. vier Milliarden wie auch langfristig konstant bleibender Wohlstand) ändern könnten. Die Geburtenrate muss der Sterberate angepasst werden. Die Industrieproduktion ist auf dem Stand von 1975 einzufrieren. Rohstoffverbrauch und Umweltverschmutzung müssen gesenkt werden. Die ungleiche Nahrungsverteilung muss ausgeglichen werden. Und zwar schnell. Denn "je eher die Menschheit sich entschließt, diesen Gleichgewichtszustand herzustellen, und je rascher sie damit beginnt, um so größer sind die Chancen, dass sie ihn auch erreicht. Maßnahmen, die erst ergriffen werden, wenn sich schädliche Wirkungen gezeigt haben, kommen viel zu spät." Zum Erfolg hat auch die klare, einfache Sprache beigetragen. Denn das Buch war nur die populäre Zusammenfassung der eigentlichen Studie "Dynamics of growth in a finite world". Donella Meadows war diejenige, die mit einem einzigartigen gespürt die Übersetzung für den lauen schrieb. So wurde das Buch zu einem Meilenstein der Umweltbewegung und zu einem Ärgernis für viele Ökonomen, denn Meadows stellte eines ihrer zentralen Paradigmen in Frage: grenzenloses Wachstum schafft Wohlstand für alle. die erforderlichen einschnitte waren jedoch, eigentlich erwartungsgemäß, politisch nicht durchsetzbar. |
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5. "Die neuen Grenzen des Wachstums", 1992
Der Bericht von 1972 wurde zunächst nicht besonders ernst genommen. Allzu unbequem und radikal waren die Aussagen. Doch als nur ein Jahr nach Veröffentlichung die Ölkrise über die Industrieländer hereinbrach und Autobahnen plötzlich an Wochenenden zu Wanderwegen wurden, erhielten die Aussagen des Berichtes neues Gewicht. "Die Grenzen des Wachstums" veränderte die Sichtweise auf die Welt grundlegend. Aus bedenkenlosem Fortschrittsglauben wurde skeptischer Pragmatismus, ja mitunter sogar Technikfeindlichkeit. Viele Grundlagen wurden zum politischen allgemeingut. Umweltschutz, Ressourcenschonung, nachhaltige Entwicklung und Bevölkerungskontrolle wurden salonfähig und in wachsendem Maße in die tägliche Politik und ins wirtschaftliche Handeln übernommen. Die Nutzung der Energie wurde verbessert, neue Materialien und Methoden zur Schadstoffverhütung entwickelt, Abfall-Recycling und ökologisch vertretbare Anbauformen in der Landwirtschaft eingeführt. Zu einem großen Leitthema wurde zudem der Schutz der Ozonschicht. Außerdem wurden neue Erkenntnisse, wie zum Beispiel größere Rohstoffvorkommen als 20 Jahre zuvor bekannt in aktuelle Simulationen einbezogen, in der Zwischenzeit eingetretene Entwicklung aufgriffen. Im Jahr 2000 gab Meadows eine Stellungnahme heraus, nach der auf Basis der derzeitigen Weltbevölkerung ein stabiler Zustand nicht mehr erreicht werden könne. |
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6. "The limits to growth, the 30 year update", 2004
Das Forscherteam brachte 2004 die verwendeten Daten von 1972 und 1992 auf den neuesten Stand und es wurden leichte Veränderungen am Computermodell World3 vorgenommen. Auch nach den neuen Testläufen von World3/2000 lässt sich der globale Kollaps wegen den gegenwärtig vorherrschenden politischen, ökonomischen, und kulturellen Wertvorstellungen nicht mehr abwenden. Die Tendenz zum Überschreiten der Wachstumsgrenzen und zum anschließenden Kollaps je nach gewählten Parametern liegt den Berechnungen zufolge immer noch zwischen 2030 und 2100. Dennis Meadows geht es weniger um die Frage, ob wir uns ändern können, sondern darum, darauf hinzuweisen, dass wir keine andere Wahl haben, als unsere Handlungsweisen zu verändern. Wie bereits Weizsäcker und Lovins betont haben, ist eher die Aufnahmefähigkeit der Erde für Abfälle und Emissionen begrenzt, als die Rohstoffvorräte. Trotz erfolgter Rohstoffkunde, neuer Erkenntnisse und Korrekturen alter Vorstellungen sind die Grenzen des Wachstums der Menschheit "beängstigend" näher gerückt. Die Bodenfläche geht gegenwärtig 16- bis 300-mal schneller verloren als sie wiederhergestellt werden kann. Die Ökosysteme im Meer nahmen um mehr als 30 Prozent ab. Die Frischwasser-Ökosysteme wurden um 50 Prozent verringert. In den meisten Nationen ist das Grundwasser verschmutzt. Giftige Chemikalien bedrohen die menschliche Gesundheit. Der Verbrauch der Menschen hat sich in den letzten 25 Jahren verdoppelt. Zwischen 1970 und 1990 hat die Anzahl der Autos von 250 auf 560 Milliarden zugenommen, der Erdgasverbrauch stieg von 837 auf 1890 Milliarden m³ und die Kraftwerkskapazitäten von 1.1 auf 2.6 Milliarden Megawatt. Die gegenwärtigen Trends gehen in Richtung eines beschleunigten Verlustes von Waldgebieten, von Rest-Urwäldern und einer progressiven Minderung der inneren Qualität der Restwaldbestände. Die verbleibenden Waldflächen verarmen zunehmend. Die Zerstörung der tropischen Regenwälder beschleunigt sich. Das meiste hochwertige Agrarland befindet sich bereits in Nutzung. Seit 1970 hat die Menschheit mehr als 30 Prozent der Natur mit zunehmender Geschwindigkeit zerstört. Zwischen 1970 und 2000 ist die Weltbevölkerung von 3.6 Milliarden auf mehr als 6 Milliarden angewachsen. Natürliche Wälder wurden in dieser Zeitspanne um über 10 Prozent reduziert. Jährlich werden Flächen der Größe von England und Wales entwaldet. Erst eine überaus ambitionierte Mischung aus Einschränkung des Bevölkerungswachstums, Reduktion des Schadstoffausstoßes und zahlreichen weiteren einzelnen Maßnahmen ergaben die Tendenz zur Umgehung des simulierten Zusammenbruchs. |
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