Stadt auf Ökosystem

Referenten: Christin Freier, Jeanette Kunsmann


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Szenario " Haus 2000 "
2. Ökosystem
2.1 Definition
2.2 soziale Ökosysteme
3. Stadt
3.1 Definition
3.2 Entwicklung urbaner Systeme
3.3 Kulturlandschaft
4. Vergleich der Systeme
5. Problematik
6. Symbiose zwischen Stadt und Natur
6.1 Lösungsansätze
6.2 "Man and the biospher"
6.3 Agenda 21
6.4 Effizienz oder Suffizienz?
6.5 Effizienzrevolution
6.6 Suffizienzrevolution
7. Fazit
8. Quellen


Stadt auf Ökosystem
1. Einleitung

Da das Seminar "Urbaner Metabolismus" den urbanen Stoffwechsel thematisiert, haben wir unser Thema so gewählt, dass wir möglichst alle Stoffwechselvorgänge untersuchen können und die Stadt immer in den Gesamtzusammenhang einordnen können. Schon in vorigen Seminaren und Entwürfen haben wir uns mit dem System Stadt auseinander gesetzt, es aber nie vorwiegend aus ökologischer und nachhaltiger Sicht betrachtet.
An den Beginn möchten wir ein selbstentwickeltes Szenario stellen; es ist ein Rückblick auf die ersten Jahre des 21.Jahrhunderts am 18. Januar 2060 (Abb.2).
Ökologisches Bauen
Abb. 1
Quelle: Ökologisches Bauen. Von Grundlagen zu Gesamtkonzepten; Hrsg. Detlef Glücklich, München 2005; Seite 17


2. Ökosystem

2. 1 Allgemeine Definition

"natürliche Einheit aus Organismen und Umweltfaktoren, die in einem stabilen System leben und durch gegenseitige Wechselwirkungen ein dynamischesGleichgewicht bilden."
(Quelle: Großes Lexikon - übersichtlich und zeitnah; Chur 1995).
Der Begriff Ökosystem umfasst aber ein weit komplexeres System, als diese allgemeine Definition vermuten lässt. Der englische Botaniker Sir Arthur Tansley (1871-1955) hat 1935 zum ersten Mal diese Bezeichnung für ein Gefüge aus biotischen und abiotischen Komponenten verwendet, wobei die Tiere und Pflanzen in diesem System wechselseitig von einander abhängig sind und in enger Beziehung zu ihrer unbelebten Umwelt stehen. Tansley bezeichnet dies als "organisiertes Ganzes, welches sich auf ein Gleichgewicht zu entwickelt, das vielleicht nie vollständig erreicht wird, sich aber sehr stark daran annähert, vorausgesetzt alle Faktoren bleiben lange genug konstant und stabil".
Ökosysteme stehen in einem ständigen Austausch mit ihrer Umgebung.

Wasser, Luft und andere lebensnotwendigen Nährstoffe werden von ihnen aufgenommen und wieder abgegeben, ebenso wandern Lebewesen und ihre Ausbreitungsformen (z.B. Samen) in das System ein und verlassen es wieder. Da es sich also um ein offenes System handelt, ist es nötig für eine genauere Betrachtung der internen Prozesse zunächst die Grenzen willkürlich festzulegen, je nach dem welcher Bereich von besonderem Interesse ist, z.B. die Funktionsweise eines ganzen Waldes oder speziell die des Waldbodens. Grenzen können in manchen Fällen schon natürlich gegeben sein; beim Ökosystem See bildet das Ufer eine solche natürliche Grenze. Auf diese Weise lässt sich auch leichter erkennen, welche Energie in ein Ökosystem einfließt und in welcher Form diese wieder an die Umgebung abgegeben wird. Die primäre Energiequelle für die meisten natürlichen Ökosysteme ist die Sonne, aber auch Wind, Regen und Wasserströmung stellen wichtige Energiequellen dar (so z.B. auch Brennstoffe für städtische Systeme). Diese Energie wird verarbeitet und in umgewandelter Form wieder abgegeben, z.B. als Wärme, organisches Material (Nahrung und Abfallprodukte) oder Schadstoffe. Innerhalb eines Ökosystems unterscheidet man zwei Hauptkomponenten, zum einen die autotrophen Organismen, die in der Lage sind ihre Nahrung selbst zu synthetisieren, und zum anderen die heterotrophen Organismen, die diese Fähigkeit nicht besitzen und sich von anderen Organismen ernähren. Die autotrophen Organismen, auch Produzenten genannt, umfassen fast die gesamte Vegetation und Pflanzenwelt. Sie nehmen Lichtenergie auf und wandeln im Prozess der Photosynthese einfache anorganische Substanzen (z.B. Wasser, Kohlendioxid u. Nitrate) zu komplexen Nährstoffen um.

Dieses organische Material wird von den heterotrophen Organismen konsumiert, deshalb bezeichnet man sie auch als Konsumenten. Dabei unterscheidet man hauptsächlich die Primärkonsumenten (ernähren sich von Pflanzen), die Sekundärkonsumenten (ernähren sich als Räuber von anderen Tieren) und die Destruenten, die im Ökosystem eine sehr wichtige Rolle übernehmen. Sie stehen am Ende der Nahrungskette und zersetzen totes organisches Material (sterblichen Überreste und Abfallprodukte der Konsumenten) wieder zu einfachen anorganischen Substanzen. Auf diese Weise sichern sie die Nährstoffversorgung der Produzenten und schließen so den Materiekreislauf innerhalb eines Ökosystems.

Demzufolge sind die einzelnen Bewohner eines solchen Systems sehr stark von einander abhängig und stehen in wechselseitiger Beziehung zueinander, die Einen bilden die Nahrungsgrundlage der Anderen.






Naturkreislauf im Boden
Abb.3
Naturkreislauf im Boden
Quelle: Ökologisches Bauen. Von Grundlagen zu Gesamtkonzepten; Hrsg. Detlef Glücklich, München 2005; Seite 165
2.2 Soziales Ökosystem

Das soziale Ökosystem umfasst die sozialen Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Bewohnern eines Ökosystems. Zu diesen Beziehungen zählt man Konkurrenz, die Räuber-Beute-Beziehung, Parasitismus, Kommensalismus und Symbiose bzw. Kooperation.

Konkurrenz:
Zwei Arten kämpfen um Lebensraum und Nahrung miteinander.

Räuber-Beute-Beziehung:
Die eine Art (Beute) dient der anderen (Räuber) als Nahrung.

Parasitismus:
Hierbei handelt es sich um eine spezielle Art der Räuber-Beute-Beziehung. Der Parasit (Räuber) lebt auf oder in einem Wirt (Beute) und nutzt ihn als Lebensraum und Energiequelle. Dabei schädigt der Parasit seinen Wirt bzw. tötet ihn sogar.

Kommensalismus:
Diese Beziehung ist für die eine Art, den Kommensalen, positiv und für die andere Art ohne Auswirkungen. (Kommensale nutzt seinen Wirt z.B. als Lebensraum und ernährt sich von seinen Futterresten)

Kooperation:
Zwei Arten nützen einander, sind aber nicht aufeinander angewiesen.
(können auch getrennt leben)

Symbiose:
Dies ist die wichtigste Beziehung im Gesamtökosystem. Beide Arten sind voneinander so stark abhängig, dass sie ohne den anderen nicht existieren können.

Zwischen den negativen Wechselwirkungen (Konkurrenz, Räuber-Beute-B., Parasitismus) und den positiven (Kommensalismus, Kooperation, Symbiose) liegen oft nur kleine Schritte. So kann z.B. ein Kommensale schnell zum Parasiten werden, wenn er die "Gastfreundschaft" seines Wirtes zu stark ausnutzt und ihn auf diese Weise schädigt. Umgekehrt kann sich auch ein Parasit im Laufe der Evolution so an seinen Wirt anpassen, dass beide eine Symbiose eingehen.

Ein Beispiel hierfür sind die heutigen Flechten, welche eine Symbiose zwischen Algen und Pilsen bilden. Bei einigen primitiven Flechten dringen die Pilze jedoch parasitisch bis in den Algenzellkern vor. Dies geschieht in den höher entwickelten Flechten nicht, hier nutzt der Pilz die Photosyntheseprodukte der Alge und gibt dieser dafür Schutz und Stützung. Durch diese Entwicklung vom Parasitismus zur Symbiose sind Flechten zu einer der stabilsten Lebensformen geworden. Sie können auch unter den härtesten Umweltbedingungen (z.B. in der arktischen Tundra) existieren.

"Jeder denkt an sich..."
Abb.4
"Jeder denkt an sich..."
Quelle:
Dirk Althaus: Fibel zum ökologischen
Bauen - Kreislaufwirtschaft und Energieeffizienz im Bauwesen; Berlin 2001; Seite 16
Im Allgemeinen lässt sich feststellen, dass sich die limitierende Wirkung der Räuber und Parasiten auf ihre Beute und Wirte während der Ökosystementwicklung abschwächt und sie lediglich noch eine regulierende Funktion ausüben. Bestehen also diese Lebensgemeinschaften in einem Ökosystem über viele Generationen (Koevolution), entwickelt sich eine Art Gleichgewicht, d.h. die anfänglichen Populationsschwankungen nehmen ab. Es entwickelt sich ein Räuber-Typus, der nur ein mittelmäßig guter Jäger ist. Er erlegt zwar ausreichend Beute um selbst zu überleben, es entwischen ihm aber auch genug Beute-Tiere, die den Bestand ihrer Population sichern können. Ein zu starker u. dominanter Räuber würde eine Beute-Population extrem dezimieren, hätte also keine Nahrungsgrundlage mehr und würde selbst aussterben.

Ebenso entwickelt sich ein Parasit, der seinen Wirt zwar weiterhin schädig, ihm aber die Möglichkeit lässt sich wieder zu regenerieren, sobald er von ihm ablässt und sich einen neuen Wirt sucht. Auch bei der Konkurrenz-Beziehung entsteht im Laufe der Evolution innerhalb eines Systems eine Art Konkurrenzausschluss. Dabei lernen sozusagen die Konkurrenten sich aus dem Weg zu gehen. Sie suchen sich unterschiedliche Nischen in Bezug auf ihren Lebensraum, ihrer Nahrung oder z.B. ihrer Aktivitätszeit. Es reichen meist schon winzige Veränderungen der ursprünglichen Lebensweise aus, um der Konkurrenz aus dem Weg zu gehen und so das Überleben beider Arten zu ermöglichen.

Durch diese Anpassungen entstehen immer wieder neue Arten, so dass Ökosysteme, die schon lange bestehen, eine enorme Artenvielfalt (Diversität) aufweisen. Jede Art übernimmt hierbei eine sehr wichtige Funktion.
Je höher die Artenvielfalt eines Ökosystems ist, desto besser kann es Schwankungen der physikalischen Umweltbedingungen (Temperatur, Luft, Feuchte, Wind ...) kompensieren und seine Produktivität trotzdem aufrechterhalten. Dabei werden oftmals Arten, die bei den veränderten Lebensbedingungen nur schlecht existieren können (Individuenzahl geht zurück, stirbt aber nicht aus, passt sich allmählich an), durch ökologisch äquivalente, welche besser an die neuen Bedingungen angepasst sind, ersetzt.

Für jede Funktion in einem natürlichen Ökosystem fi ndet sich also bei unterschiedlichen Umweltbedingungen immer eine Art, die diesen "Job" übernehmen kann. Diese bemerkenswerte Eigenschaft auf Umweltschwankungen zu reagieren, nennt man auch Elastizität. Dabei ändert sich meist nicht die Zahl der verschiedenen Arten eines Ökosystems, sondern lediglich die Individuenzahl der einzelnen Arten. Auf diese Weise entsteht ein sehr stabiles System mit einer hohen Produktivität.

Positive Wechselbeziehungen => Hohe Diversität => Hohe Elastizität => Hohe Stabilität


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Szenario " Haus 2000 "
2. Ökosystem
2.1 Definition
2.2 soziale Ökosysteme
3. Stadt
3.1 Definition
3.2 Entwicklung urbaner Systeme
3.3 Kulturlandschaft
4. Vergleich der Systeme
5. Problematik
6. Symbiose zwischen Stadt und Natur
6.1 Lösungsansätze
6.2 "Man and the biospher"
6.3 Agenda 21
6.4 Effizienz oder Suffizienz?
6.5 Effizienzrevolution
6.6 Suffizienzrevolution
7. Fazit
8. Quellen
3. Stadt

3.1 Definition

Stadt, historisch gewachsene, wesentlich auf Handel, Gewerbe und Industrie aufgebaute größere Siedlungs- und Lebensgemeinschaft. Zum Begriff der Stadt gehören v. a. weiträumige Gliederung mit groß angelegtem Straßennetz, dichte Bebauung, große Einwohnerzahl, Ballung von Produktions-, Verwaltungs- & Kultureinrichtungen bei starker sozialer Schichtung und weitgehender Arbeitsteilung. Die Stadt steht am Anfang der ersten Hochkulturen in Mesopotamien und China; im Antiken Griechenland bildete sie ein eigenes Staatswesen (polis). Von Rom aus breitete sich die Stadt in Westeuropa aus. Die europäischen Städte des Mittelalters erstritten im Kampf mit den Feudalherren Selbstverwaltung. Die Industrialisierung bewirkte ein rasches Anwachsen der Stadtbevölkerung und führte zur Entwicklung der Großstadt (Metropole), die heute in einigen Regionen zu überdimensionalen Ballungszentren (Agglomerationen) mit entsprechenden Umweltproblemen, Slumbildung, Verkehrschaos u. a. ausgeufert ist. (Quelle: Großes Lexikon - übersichtlich und zeitnah; Chur 1995)

Abb. 5
Entwicklung der Stadt
Eigene Darstellung

Entwicklung der Stadt


3.2 Entwicklung urbaner Systeme

3.2.1 Die kompakte Stadt

Bis zum 19. Jahrhundert stellte "(...) die Stadt dem Land die Verwaltung und Sicherheit als ein Produkt zur Verfügung.", (Roger A. F. Smook). Die Stadt funktionierte als nachhaltiges System.

Eine überschaubare Anzahl ihrer Bürger ermöglichte ein ausgeglichenes Verhältnis zum Umland; bebaute und landwirtschaftlich genutzte Flächen waren im Gleichgewicht.

Die Stadtmauer, die in erster Linie eine Schutzfunktion hatte, schaffte gleichzeitig eine klare Grenze zur Landschaft. Man spricht von der kompakten Stadt.







Die kompakte Stadt
3.2.2 Die Handelsstadt / Industriestadt

Durch die Industrialisierung und wissenschaftliche Fortschritte zu Beginn des 20. Jahrhunderts und demographische Entwicklungen im 19. Jh. veränderte sich das System der Stadt.

Die Handelsstadt wird durch Industrie erweitert; die urbane Realität verliert die ihr in der vorausgegangenen Epoche zugeschriebenen Eigenschaften:

organisches Ganzes, Identität, Zugehörigkeit und ein durch glanzvolle Gebäude beherrschter Raum zu sein (Lefèbre, Paris 1970). Das Wachstum der Industrieproduktion überlagert die Zunahme der Handelsbeziehungen und vervielfacht sie.






 Die Handelsstadt
3.2.3 Die Industriestadt in der Diensstleistunggesellschaft

Städte werden zu Ballungsräumen, Landflucht verstärkt die Ausdehnung des Stadtgewebes.

Funktionstrennung ermöglicht den beginnenden Prozess der Deurbanisierung. Die Industriestadt scheint formlos; Städte und Ortschaften gehen ineinander über, wie z. B. im Ruhrgebiet.




Die Industriestadt in der Diensstleistunggesellschaft
3.2.4 Die zersiedelte Stadt

Neben dem alten und dem neuen Stadtkern wächst nun die Peripherie als eigener Stadtraum. Es entstehen Zwischenstädte, die als Noch-nicht- Städte definiert werden (Sieverts, Wiesbaden 1997).

Städte als Ballungszentren und ihre Peripherien und Satellitenstädte fressen sich mehr und mehr in die Landschaft. Der Gegensatz zwischen Stadt und Natur verwischt durch die Suburbanisierung.



Die zersiedelte Stadt
3.2.5 Die zersiedelte Stadt/ kritische Zone

Gleichzeitig entsteht das neue Phänomen der "schrumpfenden Stadt" (Oswalt, Ostfildern 2004); die Innenstädte leeren sich. Man spricht auch von neuen städtebaulichen Mustern.

Die Systemkreisläufe auf der Stadtebene sind nicht mehr geschlossen. Das System Stadt ist überfordert. Die einzelne Stadt kann in dieser Form heute so alleine nicht mehr existieren. Die urbanen Systeme greifen ineinander.




Die zersiedelte Stadt/ kritische Zone
3.3 Kulturlandschaft

Abb. 6
Kulturlandschaft
Eigene Darstellung

Kulturlandschaft

Der Begriff der Kulturlandschaft bezeichnet eine Landschaft, die "artifiziell und zerrissen, instabil und arbeitsbedürftig, vielleicht aber auch nützlich und sicher" ist (Quelle: Rolf Peter Sieferle, Die Totale Landschaft, Seite 156).

Sie steht im Gegensatz zur Naturlandschaft, die noch interventionsfrei ist und damit "harmonisch, gleichgewichtig und schön" (siehe oben).

Die Natur, die wir heute um uns herum finden können, ist meist immer Teil einer Kulturlandschaft; Naturlandschaften sind selten geworden, unerreichbar, und fast nur noch in Werbesendungen zu sehen.

Die Natur in den Städten und urbanen Systemen ist eingezäunt und wird kontrolliert; im Schrebergarten am Stadtrand wird regelmäßig Unkraut gezupft oder sogar mit Hilfe von Chemie der ganze Garten schön sauber und ordentlich gehalten. Das Stadtgrün schmückt unsere grauen Betonklötze und Autobahnabfahrten, Ökosysteme sind dort aber nicht mehr vorhanden.

GRÜN IST NICHT GLEICH ÖKOSYSTEM

ÖKOSYSTEM IST NICHT GLEICH GRÜN

Wie schon bereits erwähnt, bestehen Ökosysteme aus mehreren Ebenen, sie sind auch sozial, kulturell, der wichtigste Punkt für ein gut funktionierendes Ökosystem ist jedoch die Artenvielfalt. Auf diese Problematik, die Unterschiede des System Stadt und des Ökosystems, möchten wir nun näher eingehen.


 
4. Vergleich der Systeme

Die Betrachtung der Stadt als Ökosystem ist keineswegs unsinnig, auch wenn die zu Beginn genannte Defi nition eines Ökosystems nicht vollständig auf das städtische System zutrifft. Man kann die Stadt aber ebenfalls als ein Gefüge aus biotischen und abiotischen Komponenten bezeichnen, in dem die verschiedenen Arten wechselseitig voneinander abhängig sind, wobei der Mensch die dominierende Art darstellt.

Des Weiteren sind auch in städtischen Systemen verschiedene soziale Beziehungen prägender Bestandteil dieser Lebensgemeinschaft.
Vergleicht man die beiden Systeme, lässt sich zunächst einmal feststellen, dass Städte eine Art heterotrophes Ökosystem bilden. Die Stadt kann sich im Grunde nicht selbst erhalten; sie ist vollkommen abhängig von ihrer autotrophen Umwelt, die ihre Nährstoffversorgung sichert.
In natürlichen und naturnahen Landschaften (Vielzahl verschiedener natürlicher Ökosysteme) halten sich autotrophe und heterotrophe Aktivitäten insgesamt die Waage. Die heterotrophen Systeme verbrauchen, die von den autotrophen Systemen produzierte organische Substanz für Wachstum und Unterhalt.

Ein natürliches Ökosystem erhält sein Gleichgewicht hauptsächlich dadurch, dass es Ressourcen und Abfälle intern verschiebt. Städtische Systeme versuchen hingegen ihre Versorgungs- und Abfallentsorgungsprobleme durch eine intensivierte Versorgung, also Ressourcenströme, in das System hinein, und eine intensivere Abfallentsorgung, Ströme aus dem System hinaus, zu lösen. Dadurch gehen von einem städtischen System erhebliche Belastungen auf seine natürliche Umwelt aus. Denn diese muss stark geschwächt und mit weniger Lebensraum eine enorme Abfallmenge "verwerten". Ihre Produktivität und Kapazität genügt diesen extremen Anforderungen nicht.

Das Gleichgewicht zwischen autotrophen und heterotrophen Aktivitäten ist in heutigen städtischen Ballungsräumen nicht gegeben. Die autotrophen Systeme sind hier zu gering und zu anfällig für Umweltschwankungen.
Betrachtet man jedoch noch einmal die geschichtliche Entwicklung von Städten, kann man feststellen, dass die frühen städtischen Formen dieses Gleichgewicht besser halten konnten.

Geht die Entwicklung demzufolge nicht mehr zu einem Gleichgewicht hin, sondern entfernt sich von diesem?

Will man die ökologischen Prinzipien der natürlichen Systeme auf heutige Städte anwenden, entsteht jedoch folgende These:
Die Stadt frisst sich wie ein "Parasit" in ihren Wirt, die Natur, hinein und zerstört diesen.




Linearer Stoffstrom
Abb. 7
Linearer Stoffstrom
Quelle: Ökologisches Bauen.
Von Grundlagen zu Gesamtkonzepten; Hrsg. Detlef Glücklich, München 2005;
Seite 104
5. Problematik

Die Stadt, als Spiegel aller gesellschaftlichen Entwicklungen, hat verschiedenste Funktionen übernommen. In ihr treffen verschiedenste Altersgruppen, Kulturen und Religionen aufeinander. Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst und Kultur fi nden hier ihr Zentrum.
Neben all diesen Aufgaben hat die Stadt aber scheinbar ihre eigentlichen Grundfunktionen, Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Erholen, verloren. Dabei geht es in heutigen Städten weniger um Quantität, sondern viel mehr um Qualität. Vor allem in den Zentren vieler Großstädte erfüllt die Wohnqualität nicht mehr die Bedürfnisse der Bewohner. Durch erhöhtes Verkehrsaufkommen steigt die Unfallgefahr, besonders betroffen sind Kinder und alte Leute.
Hinzu kommen eine verstärkte Schadstoffbelastung und Lärmbelästigung, welche starke gesundheitliche Schäden hervorrufen können.

Da in unserer heutigen Gesellschaft jeder versucht, so gesund wie möglich zu leben, ist ein Haus im Grünen ein weit verbreitetes Ziel vieler Stadtbewohner.
Besonders Familien suchen eine Umgebung, wo die Kinder gesund aufwachsen können und genug Freiraum haben um gefahrlos draußen zu spielen. Diese Möglichkeit bieten die meisten Städte nicht bzw. nur in zu geringem Maße. Die wenigen Grünfl ächen verlieren durch den extremen Zulauf der vielen Stadtbewohner schnell an Attraktivität.

Die Stadt bietet zwar viele Freizeit- und Erholungseinrichtungen, wie z.B. Sportzentren und Freizeitparks, diese verlangen jedoch oft ein hohes Entgelt von ihren Nutzern und stellen so nur einen weiteren Teil der Kommerzialisierung und Stadtökonomie dar. Wer sich es also leisten kann, baut sich ein Häuschen im Grünen. Dabei werden die Randgebiete vieler Großstädte bevorzugt, denn so können kulturelle und soziale Einrichtungen (z.B. Theater, Museen, Kindertagesstätten, Schulen, Ärztehäuser u. a.) der Stadt weiterhin problemlos genutzt werden. Es ergeben sich zwar hieraus längere Anfahrtswege, doch diese werden gern in Kauf genommen, entweder bequem mit dem eigenen Auto bzw. mit den vorhandenen öffentlichen Verkehrsmitteln. Hinzu kommt, dass heutzutage sowieso viele Pendler weite Strecken zwischen Wohn- und Arbeitsort zurücklegen müssen.
Durch diese Entwicklung verschwindet allmählich der ursprüngliche Stadt-Land-Gegensatz, es entstehen so genannte "Verdichtungsräume" und "Siedlungen im ländlichen Raum" (Albers, 1996). Die Stadt wächst immer mehr in das Umland hinein, Flächen werden neu erschlossen und versiegelt. Auch die vereinzelten innerstädtischen Brachen werden nicht "entsiegelt" und der Natur zurückgegeben, sondern aufgrund ungeklärter Nutzungsverhältnisse meist lediglich abgesperrt und nicht nutzbar.

Der Natur bleibt also nur noch wenig Raum zur Aufrechterhaltung ihrer lebensnotwendigen Funktionen. Die Eingriffe des Menschen bringen das natürliche Gleichgewicht extrem ins schwanken. Gerade die Land- und Forstwirtschaft sind nicht nachhaltig. Für eine Steigerung der Erträge bevorzugt man Monokulturen, die zwar unter guten Bedingungen tatsächlich hohe Erträge produzieren, aber sehr anfällig für Umweltschwankungen sind und eine Auslaugung der Böden verursachen.

Der Boden ist ein äußerst wichtiger Bestandteil im gesamten Wasserkreislauf und spielt somit auch für das Stadtklima eine übergeordnete Rolle.
Eine fehlende Humusschicht verursacht bei starken Regenfällen eine Auswaschung der Nährstoffe in tiefere Erdschichten bzw. ins Grundwasser.
Dort sind sie für viele Pfl anzen aber nicht mehr zugänglich. Die Schadstoffe in der Luft, die durch Regen in die Böden gelangen, können aufgrund fehlender Humusstoffe nicht mehr in chemisch unbedenkliche Verbindungen umgewandelt werden. Die Schadstoffe reichern sich im Bodenwasser an und gelangen so in Pfl anzen bzw. sogar ins Grundwasser.
Werden diese Giftstoffe also nicht vom Boden gefi ltert und umgewandelt, gelangen sie auch in den menschlichen Körper über Atemluft, Nahrung und Trinkwasser. Darum ist gerade in den stark schadstoffbelasteten Großstädten die Filterwirkung der Böden sehr wichtig (vgl. Abb. 13, 14).

Allerdings gibt es hier zu wenig bioaktive Flächen, was sich ebenfalls nachteilig auf das gesamte Stadtklima auswirkt. Die vielen versiegelten Flächen heizen sich durch die Sonne extrem auf. Da kaum Wasser aus dem Boden verdunsten kann, erfolgt auch keine Kühlung. Auf diese Weise entstehen weit geschlossene Wasserkreisläufe und eine Stadtdurchlüftung bleibt aus. Staub und Schadstoffe in der Luft erschweren die Luftbewegung zusätzlich. Dieses Klima ist für viele Stadtbewohner unerträglich und verursacht starke gesundheitliche Schäden.

Es lässt sich also feststellen, dass sich der Mensch in seiner städtischen Lebensweise selbst schädigt. Die bereits erwähnte These der "Stadt als Parasit" wird verstärkt.
Doch wie müsste die Beziehung zwischen Stadt und Natur im Idealfall aussehen?




Nachhaltiger Stoffkreislauf
Abb. 7
Nachhaltiger Stoffkreislauf
Quelle: Ökologisches Bauen.
Von Grundlagen zu Gesamtkonzepten;
Hrsg. Detlef Glücklich,
München 2005; Seite 104
6. Symbiose der beiden Systeme als Ziel

Eine symbiotische Beziehung der Stadt mit ihrer natürlichen Umwelt würde das Überleben beider Strukturen langfristig sichern.
Die Systeme müssen dazu viel enger zusammen arbeiten, als es momentan der Fall ist. Wichtig ist dabei, ein Gleichgewicht zwischen den autotrophen Aktivitäten der Natur und den heterotrophen Aktivitäten der Stadt herzustellen.

Das bedeutet: Die Stadt müsste zum einen ihren Ressourcenverbrauch und ihre Abfallstoffe stark dezimieren und zum anderen der Natur wieder mehr Raum geben, um sich zu regenerieren und ihre Produktivität sowie Kapazität zu erhöhen. Der Mensch sollte einen Großteil der natürlichen Flächen sich selbst überlassen, denn nur ohne äußere Eingriffe können natürliche Systeme ihre Produktivität und Stabilität sichern.

Wenn man weiterhin neue Flächen versiegelt, ist es notwendig, Rückbau nicht mehr benötigter Verkehrs- und Siedlungsfl ächen zu betreiben und auf natürliche Methoden der Erschließung zurückzugreifen. So entstehen in den Städten wieder größere bioaktive Flächen, wobei darauf geachtet werden sollte, diese miteinander zu verbinden, um eine gewisse Artenvielfalt zu gewährleisten.

Ebenfalls die Landwirtschaft kann durch den Einsatz von Mischkulturen zur Artenvielfalt beitragen und so auf weniger Fläche trotzdem hohe Erträge produzieren. Im Allgemeinen müssen die Flächen effektiver genutzt werden. Deshalb ist es sinnvoll, innerstädtische Landwirtschaft, in Form von Gewächshäusern und Dachgärten, zu betreiben.

Auch bei der Energiegewinnung sind die Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft. Ein vermehrter Einsatz von Solaranlagen auf den Dächern der Stadt stellt eine gute alternative Energiequelle dar. Diese Maßnahmen würden gleichzeitig das Stadtklima (kurzgeschlossene Wasserkreisläufe, gute Stadtdurchlüftung") enorm verbessern und in diesem Zusammenhang auch die Wohnqualität steigern (viele Grünflächen, wenig Verkehr und Schadstoffbelastung").

Im Prinzip müssten die Funktionsprinzipien natürlicher Ökosysteme auf alle Bereiche von menschlichen Siedlungsformen angewandt werden.
Beispiele in denen einzelne Siedlungen und Stadtteile sich diese Mechanismen aneigneten gibt es schon viele, z.B. Wohnsiedlung Gotha, Stadtteil Hannover-Kronsberg, Umwelthaus Norderstedt oder die Valley View University in Ghana. Hierbei werden z.B. Bodenfilter, Pflanzenkläranlagen, Klärteiche, Solar- und Biogasanlagen eingesetzt. Um diese Methoden jedoch auf ganze Städte anzuwenden, müssen erst geeignete politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Szenario " Haus 2000 "
2. Ökosystem
2.1 Definition
2.2 soziale Ökosysteme
3. Stadt
3.1 Definition
3.2 Entwicklung urbaner Systeme
3.3 Kulturlandschaft
4. Vergleich der Systeme
5. Problematik
6. Symbiose zwischen Stadt und Natur
6.1 Lösungsansätze
6.2 "Man and the biospher"
6.3 Agenda 21
6.4 Effizienz oder Suffizienz?
6.5 Effizienzrevolution
6.6 Suffizienzrevolution
7. Fazit
8. Quellen

Die Stadt heute Abb. 9
Die Stadt heute
Eigene Darstellung


Die nachhaltige Stadt der Zukunft
Abb. 10
Die nachhaltige Stadt der Zukunft
Eigene Darstellung


6.1 Lösungsansätze

Bereits in den 70er-Jahren erkannte man, dass die "verschwenderische" Lebensweise der Menschheit starke Spuren in der Natur hinterlässt und sich dadurch wiederum negative gesundheitliche Auswirkungen auf den Menschen bemerkbar machen.

Wie es dem natürlichen Egoismus des Menschen entspricht, handelt er also erst, wenn sein eigenes Wohl in Gefahr ist. Plötzlich interessierte sich jedermann für Probleme wie Bevölkerungswachstum, Überbevölkerung, Bewahrung der Natur sowie Nahrungs- und Energieverschwendung. Auch die Medien beschäftigten sich vermehrt mit ökologischen Fragen.

In diesem Zusammenhang entstanden in vielen Ländern zahlreiche neue Rechtformen und Forschungsfelder wie Umweltrecht, Umwelt- u. Naturschutzmanagement, Altlastensanierung, Umweltverträglichkeitsprüfung, ökologische Ökonomie und Landschaftsökologie.


Beispiel für einen nachhaltigen Umgang mit versiegelten Flächen
Abb. 11
Beispiel für einen nachhaltigen Umgang mit versiegelten Flächen
Eigene Darstellung


6.2 "Man and the Biosphere"

Auf der Suche nach Lösungsansätzen, begannen Wissenschaftler und Forscher erstmals zu untersuchen, in wie weit die grundlegenden Funktionsprinzipien von Ökosystemen auf städtische Strukturen anwendbar sind.
Die Ökosystemforschung wurde seitdem als Grundlage des Umweltschutzes angesehen. Mit diesem Hintergrund entstand 1971 das UNESCO-Programm "Man and the Biosphere" (MAB), welches als erstes internationales Pogramm dazu aufrief Städte als Ökosysteme zu betrachten.
Das Ziel des Programms war "auf der Grundlage von Natur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften Möglichkeiten zur nachhaltigen Nutzung und Erhaltung der natürlichen Ressourcen der Biosphäre zu untersuchen und auf diesem Wege für eine nachhaltige Verbesserung des Spannungsfeldes zwischen Mensch und Umwelt beizutragen" (Goerke 1990).
Einbindung von Grün- und Wasserpflanzen

Abb. 12
Einbindung von Grün- und Wasserpflanzen in das städtische System
Quelle: Ökologisches Bauen.
Von Grundlagen zu Gesamtkonzepten;
Hrsg. Detlef Glücklich,
München 2005; Seite 215
6.3 Agenda 21

In dieser Zeit wurden noch viele andere Pogramme entwickelt. Sie ähneln sich alle sehr stark. Deshalb erwähnen wir hier nur eine Auswahl der Wichtigsten.

Die Agenda 21 wurde 1992 als Aktionsprogramm für das 21.Jh. auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro verabschiedet. Sie wurde von mehr als 170 Staaten unterzeichnet und integriert die Aspekte einer umweltverträglichen und nachhaltigen Entwicklung in alle wesentlichen Politikbereiche. Das Aktionsprogramm enthält wichtige Festsetzungen, u. a. zur Armutsbekämpfung, Bevölkerungspolitik, zu Handel und Umwelt, zur Abfall-, Chemikalien-, Klima- und Energiepolitik, zur Landwirtschaftspolitik sowie zu finanzieller und technologischer Zusammenarbeit der Industrie- und Entwicklungsländer.


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Szenario " Haus 2000 "
2. Ökosystem
2.1 Definition
2.2 soziale Ökosysteme
3. Stadt
3.1 Definition
3.2 Entwicklung urbaner Systeme
3.3 Kulturlandschaft
4. Vergleich der Systeme
5. Problematik
6. Symbiose zwischen Stadt und Natur
6.1 Lösungsansätze
6.2 "Man and the biospher"
6.3 Agenda 21
6.4 Effizienz oder Suffizienz?
6.5 Effizienzrevolution
6.6 Suffizienzrevolution
7. Fazit
8. Quellen
6.4 Effizienz oder Suffizienz?

Des Weiteren sollen hier noch zwei Theorien angesprochen werden, die sich zusätzlich auf das Konsumverhalten des einzelnen Bürgers beziehen.
Zum einen die Effizienz-Revolution (von Weizsäcker), die sich auf eine effizientere Nutzung der vorhandenen Ressourcen bezieht und zum anderen die Suffizienz-Revolution, welche dazu aufruft dem materiellen Konsum zu entsagen und sich an den "wahren Dingen" des Lebens zu erfreuen.


6.5 Effizienzrevolution

Mit der Effizienz-Revolution soll eine absolute Reduktion des Umweltverbrauchs und gleichzeitig ein höherer materieller Wohlstand erreicht werden. Die Notwendigkeit einer Minimierung des Ressourcenverbrauchs lässt sich mit wissenschaftlichen Untersuchungen belegen. So verbrauchen momentan 20 Prozent der Menschen (vorwiegend in den Industrieländern) 80 Prozent der Ressourcen. Da die ökologisch tragbaren Eingriffe in die Natur sowieso schon 50 Prozent zu hoch sind und die Entwicklungsländer auch noch Raum für Entwicklung benötigen, müssten die Industrieländer ihren Umweltverbrauch um 90 Prozent reduzieren.

Dafür ist eine zehnmal bessere Ressourcenproduktivität notwendig, man spricht vom Faktor 10 (Hinterberger, 1996). Zu diesem Thema sind bereits zahlreiche Publikationen erschienen. Das einfl ussreichste Werk ist dabei wahrscheinlich "Faktor 4. Doppelter Wohlstand- halber Naturverbrauch" von Ernst Ulrich von Weizsäcker und dem Ehepaar Lovins. In diesem Werk wird beschrieben, wie durch eine Effizienz-Revolution, bereits heute eine mindestens um den Faktor 4 verbesserte Ressourcenproduktivität erreicht werden kann. Dazu geben die Autoren 50 richtungweisende Beispiele aus Wissenschaft und Technik:

-Hybrid-Auto der University of Western Washington (Stadtverbrauch:1,16l Benzin/100km, extremer Leichtbau)

-Bürohaus des "Rocky Mountain Institute" (passiv-solares Wunderwerk in 2200 Höhe, Außentemp.:-40 Grad, ohne Heizung, Wärme nur durch "Superfenster" und perfekte Dämmung)

-Passivhaus in Darmstadt (Wärmeverlust nur 15kWh/qma,
Vergleich Durchschnittshaus: 200kWh/qma
-Stromsparlampen (80 Prozent weniger Energieverbrauch als Glühlampen)
u. v. a.

Es gibt demzufolge schon zahlreiche Möglichkeiten, den eigenen Ressourcenverbrauch zu senken, ohne auf materiellen Wohlstand verzichten zu müssen. Viele Wissenschaftler sehen gerade hierbei den Vorteil der Effi zienzrevolution. Denn der Mensch ist zwar bereit etwas zum Naturschutz beizutragen, doch als natürlicher Egoist will er bei seinen Lebensgewohnheiten auf nichts verzichten müssen.
Aktuelles Stadtklima

Abb. 13
Aktuelles Stadtklima
Eigene Darstellung

Zukünftiges nachhaltiges Stadtklima


Abb. 14
Zukünftiges nachhaltiges Stadtklima
Eigene Darstellung


6.6 Suffizienzrevolution

Die Suffizienzrevolution glaubt hingegen an die Möglichkeit, das Konsumverhalten des Menschen ändern zu können. Dieser soll sich wieder mehr an den "wahren" Dingen des Lebens erfreuen und nicht alles besitzen wollen, nur weil das Angebot da ist. Natürlich kann der Mensch auch nicht nur von "Luft und Liebe" leben, doch materieller Wohlstand allein macht auch nicht glücklich. Bei dem ewigen Stress, viel Geld zu verdienen, um sich materielle Wünsche zu erfüllen, wird meist vergessen, was einem wirklich Freude macht. z.B. wieder mehr Freizeit mit Familie und Freunde zu verbringen.
Bei vielen Dingen ist es auch gar nicht nötig sie zu besitzen, wenn man das Bedürfnis danach in Form einer Dienstleistung stillen kann, z.B. kann man sich den Rasen von einem Profi mähen lassen, anstelle einen eigenen Mäher zu besitzen oder ein Auto nur im Bedarfsfall zu mieten.
Die Suffizienzrevolution verspricht in diesem Zusammenhang ebenfalls einen Rückgang der Kriminalität, denn weniger Besitz bedeutet auch weniger Streitigkeiten und Neid um diese Güter. Doch was bedeutet der Wandel von einer Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungsgesellschaft für unsere Wachstumswirtschaft? Ein Zusammenbruch der Wirtschaft und Massenentlassungen würden wahrscheinlich folgen.

Ihr könnt doch nicht immer MEHR wollen!
Abb. 15
"Ihr könnt doch nicht immer MEHR wollen!"
Quelle: Eugene P. Odum: Prinzipien der Ökologie - Lebensräume, Stoffkreisläufe, Wachstumsgrenzen; Heidelberg


7. Fazit

All diese Handlungsansätze hören sich äußerst viel versprechend an. Doch wie sieht die Realität aus? Im Alltagsgeschäft der Politik wird die Agenda 21 scheinbar oftmals vergessen. Und auch für eine Effizienzrevolution muss noch viel in Politik und Wirtschaft getan werden.
Eine enorme Reduktion des Ressourcenverbrauchs wird zwar durch den Einsatz neuster Technologien erreicht, jedoch stehen die Kosten z.B. für den Einbau spezieller Dämmstoffe und Solartechnik in keinem Verhältnis zu den herkömmlichen Energiepreisen. Kurz gesagt, "der Liter Öl ist gemessen an seiner relativen Knappheit einfach noch viel zu billig".
Sicherlich sind ökologische Steuerreformen hierbei sehr hilfreich, dennoch muss auch die Wirtschaft stärker nach den Gedanken der Nachhaltigkeit arbeiten.


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Szenario " Haus 2000 "
2. Ökosystem
2.1 Definition
2.2 soziale Ökosysteme
3. Stadt
3.1 Definition
3.2 Entwicklung urbaner Systeme
3.3 Kulturlandschaft
4. Vergleich der Systeme
5. Problematik
6. Symbiose zwischen Stadt und Natur
6.1 Lösungsansätze
6.2 "Man and the biospher"
6.3 Agenda 21
6.4 Effizienz oder Suffizienz?
6.5 Effizienzrevolution
6.6 Suffizienzrevolution
7. Fazit
8. Quellen
Auch in Wirtschaft und Politik sind es nur Menschen - Egoisten -, die kurzsichtig an ihren eigenen Profitdenken. Insofern wird die Umsetzung jeglicher Steuerungsmaßnahmen schwierig, fast unmöglich.
Die Effizienzrevolution begünstigt eine Wachstumswirtschaft, da es immer eine Nachfrage nach den neusten energiesparendsten Produkten geben würde. Eine Effizienssteigerung ist jedoch nicht unendlich möglich, denn auch die besten energiesparenden Autos werden in Zukunft gewisse Mengen Benzin verbrauchen.
"Auch ein optimal überladenes Schiff sinkt, nur später als ein suboptimal überladenes" sagt Herman E. Daly, bedeutender Wachstumskritiker.
Mit der Effizienzrevolution sind nun also irgendwann auch die Grenzen unserer Wachstumswirtschaft erreicht.

Doch nach der Ansicht des ökologischen Ökonomen Hans Christian Binswanger ist auch mit der Suffizienzrevolution eine "Überführung der Wachstumswirtschaft in eine zukunftsfähige Wirtschaft nicht ohne weiteres möglich" - eine grundlegende Umgestaltung unseres Wirtschaftssystems sei notwendig, sonst entstehe entweder ein ständiges Wirtschaftswachstum mit Umweltkrisen oder eine lang anhaltende Wirtschaftskrise.

Es ist festzuhalten, dass die Wirtschaft einem Wachstumszwang unterliegt - stationäre Wirtschaft ist nicht möglich, da sonst eine völlige Krise auf uns zu kommen würde. - "Mutation der Geldwirtschaft" notwendig - z.B. "zinnslose Wirtschaft" als Anhaltspunkt. Deshalb ist die Synthese von Effizienzrevolution und Suffi zienzrevolution notwendig; da die Problematik viele Ursachen hat, ist es nur logisch, dass die Lösung auch vielschichtig sein muss, um jeglichen Ursachen etwas entgegensetzen zu können.
Unserer Meinung nach, ist ein erster entscheidender Schritt aber die Schaffung eines starken neuen Umweltbewusstseins.


8. Quellen

Dirk Althaus: Fibel zum ökologischen Bauen - Kreislaufwirtschaft und Energieeffizienz im Bauwesen; Berlin 2001

Eugene P. Odum: Prinzipien der Ökologie - Lebensräume, Stoffkreisläufe, Wachstumsgrenzen; Heidelberg 1991

Detlef Glücklich Ökologisches Bauen. Von Grundlagen zu Gesamtkonzepten; München 2005

Roger A. F. Smook: Stadt und Nachhaltigkeit. Defi nitionen, Probleme & Lösungsansätze; Ludwig Boltzmann Institut für Interdisziplinäre Stadtforschung 2002

Norbert Gestring u. a.: Ökologie und urbane Lebensweise: Untersuchungen zu einem anscheinend unaufl öslichen Widerspruch; Braunschweig/Wiesbaden1997

Monika Wächter: Die Stadt: umweltbelastendes System oder wertvoller Lebensraum; Berlin 2003

Axel Nordmann: Wachstum ohne Grenzen? - Gedanken zur Zukunftsfähigkeit unseres ökonomischen Systems; Bamberg 2000